Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung der elterlichen Sorge bei Zerstrittenheit der Eltern
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 1, 2 Ziff. 2
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 05.12.2005; Aktenzeichen 46 F 54/03 SO) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 5.12.2005 - 46 F 54/03 - wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
II. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A in C bewilligt.
Gründe
Die gem. § 621e ZPO zulässige - insb. form- und fristgerecht eingelegte - befristete Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das FamG das alleinige elterliche Sorgerecht auf den Antragsteller übertragen.
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, das FamG habe zu Unrecht die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB angenommen. Die Annahme des AG, dass die Parteien bei einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung wegen des erheblichen Konfliktpotentials zwischen den Kindeseltern nicht konsensfähig seien, sei nicht gerechtfertigt. Diese Streitigkeiten zwischen den Parteien beträfen nicht die Person des Kindes. So bestünde keine Auseinandersetzung über den Aufenthalt des Kindes. Auch die Nichtausübung von Umgangskontakten der Antragsgegnerin mit dem Kind sei zur Zeit nicht streitig. Die Tatsache, dass B's Bindung an den Vater derzeit enger als an die Mutter sei, rechtfertige ebenfalls nicht die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Antragsteller. Schließlich spreche die soziale und wirtschaftliche Situation der Parteien gegen eine alleinige Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragsteller. Dieser sei trotz längerem Aufenthalt in Deutschland hier nicht sozial integriert. Dagegen übe sie erfolgreich und seit Jahren ihren Beruf als Botschaftsübersetzerin und -sekretärin aus.
Die Einwände der Antragsgegnerin sind unter Würdigung des gesamten sich aus dem Akteninhalt ergebenden Sach- und Streitstandes nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Im Ansatz richtig führt die Antragsgegnerin zwar aus, dass Streitigkeiten zwischen den Eltern grundsätzlich noch nicht dazu führen müssen, die elterliche Sorge allein auf einen der Elternteile zu übertragen. Gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die elterliche Sorge auf einen Elternteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die Frage, ob die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu übertragen ist, ist somit ausschließlich am Wohl des Kindes zu orientieren.
Hinsichtlich einer mangelnden Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern ist zu prüfen, welche Auswirkungen die fehlende Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird (vgl. BGH v. 29.9.1999 - XII ZB 3/99, MDR 2000, 31 m. Anm. Oelkers = FamRZ 1999, 1646; OLG Karlsruhe v. 9.9.1999 - 5 UF 184/98, FamRZ 2000, 111). Dabei kann sich die mangelnde Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern auch dadurch ergeben, dass diese heillos zerstritten und nicht in der Lage sind, zum Wohle des Kindes gemeinsam zu handeln. Dabei muss erkennbar sein, dass sich das schlechte Verhältnis zwischen den Eltern negativ auf das Kindeswohl auswirkt und zu befürchten ist, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben können. Nur wenn dies nicht festgestellt werden kann, kann es trotz der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Elternteilen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben, da grundsätzlich die in der gemeinsamen Sorge gesetzlich ausgeprägte besondere gemeinschaftliche Verantwortung der Eltern für ihr Kind auch in der Situation des Getrenntlebens dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen (vgl. hierzu auch OLG Köln, Beschl. v. 29.3.2005 - 4 UF 25/05, OLGReport Köln 2005, 371 = FamRZ 2005, 2087 (LS)).
Solche besonderen Umstände liegen allerdings vor. Diese sind in der angefochtenen Entscheidung durch die Zitate aus dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens im Einzelnen dargelegt worden.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die sachverständigerseits getroffenen Feststellungen in dem umfangreichen und sehr sorgfältig erstellten Gutachten der Diplom-Psychologen J und D L vom 25.6.2004 anzuzweifeln (vgl. Bl. 149-231 GA). Letztendlich kommen die Sachverständigen zu dem Ergebnis, dass dem Kindeswohl entsprechend das alleinige elterliche Sorgerecht auf den Antragsteller zu übertragen ist. Dies wird im Einzelnen belegt.
So haben die Sachverständigen festgestellt, dass die Konfliktdynamik zwischen den Eltern, vor allem aber die Negativwahrnehmung des Vaters durch die Mutter derzeit in einer Weise fixiert sei, dass mit einer Veränderung in absehbarer Zeit auch nicht durch Interventionen der Familienberatung oder Ähnlichem zu rechnen ist. D...