Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Mutter trotz Verlassens der ehelichen Gemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Bei der Entscheidung, wem das Sorgerecht bzw. Teilbereiche der elterlichen Sorge allein zu übertragen sind, ist gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB allein das Kindeswohl entscheidend.
Der bloße Vorwurf des Kindesvaters, die Kindesmutter habe grundlos die Familie verlassen und dadurch erst die vorliegende Konfliktsituation zur Frage des Aufenthaltes des gemeinsamen Kindes herbeigeführt und schon deshalb Kindeswohlinteressen verletzt, reicht nicht aus, um eine Kindeswohlentscheidung zu ihrem Nachteil zu treffen. Die Motivlage für die Trennung und auf Veranlassung welches Ehepartners diese erfolgt ist, kann nicht eine umfassende Prüfung der Gesamtsituation ersetzen, in der Obhut welches Elternteils zu erwarten ist, dass nach Aufhebung der elterlichen Sorge bzw. eines Teilbereiches hiervon die Übertragung auf diesen dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Brühl (Beschluss vom 08.04.2010; Aktenzeichen 33 F 63/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 8.4.2010 - 33 F 63/10 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführerin (Kindesmutter) wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. B. in G. bewilligt.
Gründe
Die gem. §§ 57 Satz 2 Ziff. 1, 58, 59, 63 Abs. 2 Nr. 1, 64, 111 Nr. 2 FamFG zulässige - insbesondere frist- und formgerecht eingelegte - Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Brühl vom 8.4.2010 - 33 F 63/10 -, mit welchem sein Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes für das gemeinsame Kind der weiteren Verfahrensbeteiligten zu 1) und 2) C. zurückgewiesen und das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf Antrag der Kindesmutter ihr zugesprochen worden ist, ist unbegründet.
Zu Recht hat das Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB bis zur Entscheidung in der Hauptsache das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Kindesmutter zugesprochen, weil zu erwarten ist, dass die Aufhebung dieses Teilbereiches der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
Da sich die Kindeseltern darüber streiten, wo der Lebensmittelpunkt des gemeinsamen Kindes C. nach der Trennung der Kindeseltern sein soll, war vorliegend ein Regelungsbedürfnis im einstweiligen Rechtsschutz gegeben. Dies ist insbesondere auch deswegen der Fall, weil die Kindesmutter bei Auszug aus der Ehewohnung C. mitgenommen hatte, ohne die Einwilligung des Kindesvaters hierfür zuvor eingeholt zu haben.
Indessen ist im einstweiligen Anordnungsverfahren ausreichend glaubhaft gemacht worden, dass entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers es im Kindeswohlinteresse liegt, wenn C. bis zur Hauptsacheentscheidung bei der Kindesmutter bleibt.
Soweit der Kindesvater mit seiner Beschwerde vorbringt, die Kindesmutter habe grundlos die Familie verlassen und dadurch erst die vorliegende Konfliktsituation zur Frage des Aufenthaltes des gemeinsamen Kindes herbeigeführt, und daher müsse dies bereits zu einer Entscheidung gegen die Kindesmutter führen, kann der Senat diese Auffassung nicht teilen. Schon vom Grundsatz her kann es zunächst nicht ausschlaggebend sein, aus welcher Motivlage und auf Veranlassung welches Ehepartners sich die Eheleute getrennt haben. Für die Sorgerechtsentscheidung - hier die Frage des Aufenthaltsbestimmungsrechtes - ist allein das Kindeswohl von Bedeutung.
Dass erhebliche Beeinträchtigungen im gewohnten Umfeld des betroffenen Kindes auftreten, wenn sich die Kindeseltern trennen, ist, jedenfalls wenn die Eltern wie vorliegend zerstritten sind, ebenfalls kaum zu vermeiden. Die gewohnte Lebenssituation ist auch dann stark beeinträchtigt, wenn C. sich beim Kindesvater aufhielte. In diesem Falle würde C. unter der Abwesenheit der ihr vertrauten Mutter leiden. Im Übrigen hat die Kindesanhörung ergeben, wie sich auch aus den Stellungnahmen des Verfahrensbeistandes ergibt, dass C. sich zumindest gleich wohl bei der Mutter wie beim Vater fühlt. Von daher kann jedenfalls keine Priorität zugunsten des Kindesvaters dahin gesehen werden, dass unter Beachtung des Kindeswillens eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf den Kindesvater zwingend geboten erschiene.
Zudem ist zu beachten, dass sich die Kindeseltern im Anhörungstermin vor dem Familiengericht am 25.3.2010 auf ein ausgedehntes Umgangsrecht des Elternteils geeinigt haben, dem nicht das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird. So ist auch den Belangen des Kindesvaters ausreichend Rechnung getragen, nicht den Kontakt zu seiner Tochter zu verlieren. Sind sich doch alle Beteiligten darüber einig, dass C. gleichermaßen am Vater wie an der Mutter hängt.
Schließlich sieht es der Senat auch nicht als aussc...