Entscheidungsstichwort (Thema)

Eidesstattliche Offenbarungsversicherung durch ausländische juristische Person

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die internationale Zuständigkeit für die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung durch eine juristische Person mit statuarischem Sitz in Belgien aufgrund eines in Deutschland gegen sie ergangenen Titels richtet sich nicht nach Art. 22 Nr. 5 EuGVVO, sondern ist entspr. § 899 Abs. 1 ZPO zu bestimmen.

2. Die Tatsache alleine, dass der gesetzliche Vertreter der ausländischen juristischen Person seinen Wohnsitz in Deutschland hat, begründet noch keine Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers am Wohnort. Auch reicht für die Verpflichtung zur Abgabe der Offenbarungsversicherung ein fruchtloser Pfändungsversuch in der Wohnung des Vertreters nicht aus.

 

Verfahrensgang

AG Euskirchen (Beschluss vom 03.11.2003; Aktenzeichen 8 M 2128/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des AG Euskirchen vom 3.11.2003 – 8 M 2128/03 – aufgehoben und auf ihren Widerspruch hin der Antrag der Gläubigerin auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zurückgewiesen.

Die Gläubigerin hat die Kosten des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin hat gegen die Schuldnerin ein Versäumnisurteil des AG Euskirchen vom 6.5.2003 über 1.482,75 Euro nebst Zinsen erwirkt, in dem die Schuldnerin wie folgt bezeichnet ist „F. PG GmbH, gesetzlich vertreten durch D. H., W.-straße 13, E.”.

Tatsächlich handelt es sich bei der Schuldnerin um eine im Handelsregister des Handelsgerichts Eupen eingetragene Privatgesellschaft mit beschränkter Haftung belgischen Rechts (P.-GmbH) mit Sitz in Eupen/Belgien. Die Anschrift in Euskirchen ist die Wohnanschrift ihres alleinigen Geschäftsführers.

Nachdem der Geschäftsführer der Schuldnerin im Rahmen eines Vollstreckungsversuchs unter der Anschrift in Euskirchen einer Durchsuchung mit der Begründung widersprochen hatte, dass es dort keine F. PG mbH gebe, erwirkte die Gläubigerin einen Durchsuchungsbeschluss. In dem Protokoll eines weiteren Vollstreckungsversuchs vom 17.9.2003 vermerkte der Gerichtsvollzieher, dass „hier” keine Vermögenswerte der Gesellschaft vorhanden seien und sich deren Geschäftsräume in Eupen befänden. In der Folgezeit widersprach die Schuldnerin der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Diesen Widerspruch hat das AG mit einem am 17.11.2003 dem Geschäftsführer der Schuldnerin zugestellten Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 18.11.2003 eingelegte sofortige Beschwerde der Schuldnerin.

II. Über die sofortige Beschwerde hat gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b das OLG zu befinden, weil die Schuldnerin ausweislich des von ihr vorgelegten Registerauszugs des Handelsgerichts Eupen dort ihren Gesellschaftssitz und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand i.S.d. § 17 ZPO hat.

Das in formeller Hinsicht unbedenkliche Rechtsmittel ist begründet.

1. Der Geschäftsführer der Schuldnerin ist nicht zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung verpflichtet, weil es hierfür an einer internationalen Zuständigkeit deutscher Vollstreckungsorgane fehlt.

a) Die Schuldnerin ist zunächst mit ihrer Zuständigkeitsrüge nicht gem. § 571 Abs. 1 S. 2 ZPO ausgeschlossen. Diese Norm gilt nämlich ungeachtet ihres weit gefassten Wortlauts – ebenso wie die entspr. Regelungen für das Berufungsverfahren in § 513 Abs. 2 ZPO und das Revisionsverfahren in § 545 Abs. 2 ZPO – nicht für die internationale Zuständigkeit (vgl. BGH v. 28.11.2002 – III ZR 102/02, MDR 2003, 348 = NJW 2003, 426; BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 203/02, MDR 2003, 1256 = BGHReport 2003, 1111 = NJW 2003, 2916; v. 27.5.2003 – IX ZR 203/02, BGHReport 2003, 1111 = MDR 2003, 1256; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 513 Rz. 8 mit Übersicht zum Meinungsstand; u. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 571 Rz. 5).

b) Die internationale Zuständigkeit für das Verfahren auf Abgabe der Offenbarungsversicherung richtet sich nicht nach der EG-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 (EuGVVO), sondern nach allgemeinen Regeln deutschen Zivilprozessrechts, also grundsätzlich nach § 899 Abs. 1 ZPO.

Die einzige in Betracht kommende Zuständigkeitsregelung des Art. 22 Nr. 5 EuGVVO, die Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ entspricht, gilt nach zutreffender Ansicht nur für kontradiktorische Verfahren, die einen unmittelbaren Bezug zur Zwangsvollstreckung haben, wie etwa die Entscheidung über den von der Schuldnerin eingelegten Widerspruch, das Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO oder die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 und die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO, nicht aber für den Erlass einzelner Vollstreckungsakte, wozu auch die eidesstattliche Offenbarungsversicherung nach den §§ 807, 899 ZPO gehört (vgl. OLG Saarbrücken IPrax 2001, 456; Gottwald in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., Art. 16 EuGVÜ Rz. 39; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 22 EuGVVO Rz. 61 m.w.N.; Schlösser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 22 EuGVVO Rz. 26; a.A. Mankowski, EWiR 1995, 935).

Die Schuldnerin ist eine ju...

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