Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsgebühr bei sukzessiver Verhandlung mehrerer Verfahren in einem Termin; Einigungsgebühr in Sorgerechtsverfahren
Normenkette
RVG-VV Nrn. 1000, 1003; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 3; RVG-VV Nr. 3104
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen 315 F 191/10) |
Tenor
Auf die aus eigenem Recht eingelegte Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht Köln - vom 7.12.2010 (315 F 191/10) dahingehend abgeändert, dass eine weitere aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung von 269,89 EUR festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 bis 8 RVG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 Variante 1 RVG-VV (Terminswahrnehmung) kommt nur in Betracht kommt, wenn in dem Verfahren, in dem die Terminsgebühr geltend gemacht wird, ein Termin stattgefunden hat; insoweit reicht es also nicht aus, dass in einem Termin, der einen unterschiedlichen Verfahrensgegenstand betrifft, eine andere Angelegenheit mit angesprochen worden ist, ohne dass in dieser anderen Sache selbst ein Termin stattgefunden hätte (vgl. OLG Stuttgart AGS 2005, 256 = MDR 2005, 838; OLG Frankfurt AGS 2008, 224 = OLGReport Frankfurt 2008, 576; Onderka in AnwKomm/RVG/N. Schneider/Wahlen, 5. Aufl. 2010, VV 3104 Rz. 68; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl. 2010, VV 3104, Rz. 80).
Zutreffend weist der Antragsgegner jedoch darauf hin, dass eine Terminsgebühr auch nach der Variante 3 der Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV (Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts) entstehen kann. Erfolgt eine solche Besprechung im Termin eines anderen Verfahrens (Einbeziehungsverfahren), ergibt sich aus Nr. 3104 Anm. Abs. 2 RVG-VV, dass auch für die einbezogenen nicht rechtshängigen Ansprüche eine Terminsgebühr überhaupt anfällt, und dass sich der Wert des Einbeziehungsverfahrens um den Wert der einbezogenen, in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche erhöht. Ob in solchen Fällen der Rechtsanwalt zusätzlich in dem Verfahren, über das im Termin des Einbeziehungsverfahrens zwecks Vermeidung oder Erledigung des einbezogenen Verfahrens gesprochen worden ist, eine Terminsgebühr verlangen kann, ist streitig. Soweit das OLG Stuttgart (a.a.O.) das Entstehen einer solchen Terminsgebühr im einbezogenen Verfahren mit dem Argument verneint hat, die Besprechung sei nicht ohne Beteiligung des Gerichts erfolgt (Rz. 10), ist dieses nicht mehr tragfähig, weil das Gesetz in seiner jetzigen Fassung einen solchen Anfall der Terminsgebühr nicht mehr davon abhängig macht, dass sich das Gericht nicht beteiligt hat ("... auch ohne Beteiligung des Gerichts ..."). Ebenfalls nicht tragfähig dürfte das Argument sein, Nr. 3104 Anm. Abs. 2 RVG-VV setze eine bereits entstandene Terminsgebühr voraus. Dem steht der Gesetzeswortlaut (".. entsteht ...") entgegen, so dass auch eine Anrechnung auch auf eine erst zukünftig in dem einbezogenen Verfahren entstehende Terminsgebühr erfolgen kann und muss. Fraglich kann daher allein sein, ob der Tatbestand, der in dem Einbeziehungsverfahren die erhöhte Terminsgebühr auslöst (Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts), gleichzeitig die Terminsgebühr in dem einbezogenen Verfahren auslöst. Das wird von der wohl überwiegenden Rechtsprechung und Literatur unter Hinweis auf den Gesetzeswillen verneint (vgl. OLG Frankfurt AGS 2008, 224 = OLGReport Frankfurt 2008, 576; Onderka in AnwKomm/RVG/N. Schneider/Wahlen, a.a.O.; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O.; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl. 2009, VV 3104 Rz. 38; a.A. wohl Bischof in Bischof, RVG, 3. Aufl. 2009, VV 1004 Rz. 80). Ob dem mit dieser Begründung oder überhaupt zu folgen ist, kann vorliegend offen bleiben.
Denn anders als vom AG angenommen ist das vorliegende Sorgerechtsverfahren in dem Termin zum Umgangsverfahren nicht lediglich mit angesprochen worden, sondern es hat insoweit ein eigener Termin stattgefunden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls ist zunächst nur in der Umgangssache verhandelt worden. Im weiteren Verlauf der Verhandlung ist ein Zwischenvergleich geschlossen worden, der anschließend vom Gericht genehmigt worden ist. Sodann ist ein Beschluss ergangen, durch den der Wert des Verfahrensgegenstandes festgesetzt und das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden ist.
Erst nach der Anordnung des Ruhens des Umgangsrechtsverfahrens ist von den beteiligten Rechtsanwälten das Sorgerechtsverfahren angesprochen und angeregt worden, auch das Sorgerechtsverfahren zum Ruhen zu bringen. Daran anschließend ist durch gesonderten Beschluss ("b. u. v.") den Beteiligten für das Sorgerechtsverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensb...