Leitsatz (amtlich)

Ein privater Krankenversicherungsvertrag endet weder automatisch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers noch mit dem Wegfall dessen Gewerbes, weil dem privaten Krankenversicherungsvertrag sowie den daraus folgenden Rechten und Pflichten die Massezugehörigkeit fehlt. Daher steht dem privaten Krankenversicherer gegen den insolventen Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Begleichung der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen und rückständigen Versicherungsprämien zu.

Diesem erst nach Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Prämienanspruch des privaten Krankenversicherers steht auch eine Restschuldbefreiung über das Vermögen des Versicherungsnehmers nicht entgegen, weil es sich bei dieser Forderung weder um eine Insolvenzforderung i.S.d. § 38 InsO noch um eine - von der Restschuldbefreiung im Übrigen auch nicht erfasste - Masseverbindlichkeit handelt.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 97/19)

 

Tenor

Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 19.09.2019 - 9 O 97/19 - gem. § 522 II ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten im Beschlusswege gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung der Klage stattgegeben und Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von rückständigen Prämien für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis Januar 2019 einschließlich in Höhe von 3.033,37 EUR aus § 1 VVG i.V.m. dem in diesem Zeitraum noch bestehenden privaten Krankenversicherungsvertrag zuerkannt. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Das Berufungsvorbringen des Beklagten rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung, das Rechtsmittel ist unbegründet.

Ergänzend ist folgendes anzumerken:

1. Das Landgericht geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dem Wegfall des Gewerbes des Beklagten der zwischen diesem und der Klägerin bestehende Krankenversicherungsvertrag nicht automatisch endete. Eine Vorschrift, die diese Rechtsfolge für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorsieht, ist in der Insolvenzordnung nicht enthalten und im Übrigen auch nicht ersichtlich. Gegen eine automatische Beendigung einer privaten Krankenversicherung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers spricht auch, dass nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung aufgrund der fehlenden Massezugehörigkeit des privaten Krankenversicherungsvertrags und der aus ihm folgenden Rechte und Pflichten dem Insolvenzverwalter die Befugnis zur Kündigung eines solchen Versicherungsvertrags fehlt (BGH, Urt. v. 19.02.2014, - IV ZR 163/13 -, NJW-RR 2014, 452 ff. in juris Rn. 22; OLG Frankfurt, Urt. v. 24.04.2013, - 7 U 142/12 -, VersR 2013, 990 ff. in juris Rn. 28 a.E.). Dieser Feststellung bedürfte es nicht, wenn ein privater Krankenversicherungsvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers automatisch enden würde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass § 103 InsO auf einen privaten Krankenversicherungsvertrag wegen der fehlenden Vereinbarkeit dieser Regelung mit den in § 193 VI VVG für den Fall des Ausbleibens der Prämienzahlungen getroffenen speziellen Regelungen unanwendbar ist. Dies hat zur Folge, dass der Versicherungsnehmer entweder berechtigt ist, einen privaten Krankenversicherungsvertrag außerhalb des Insolvenzverfahrens fortzuführen, oder diesen nach § 205 II VVG beenden kann, soweit er insolvent und ohne Arbeitseinkommen ist. D.h. der Versicherungsnehmer muss im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Beendigung seines privaten Krankenversicherungsvertrags selbst herbeiführen.

Soweit nach den zutreffenden und vom Beklagten nicht angegriffenen Ausführungen im angefochtenen Urteil der Krankenversicherungsvertrag bis Ende Januar 2019 nicht beendet worden ist, steht der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis Januar 2019 einschließlich ein Anspruch auf Begleichung der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Prämien in Höhe von insgesamt 3.033,17 EUR zu.

Dem Fortbestand des privaten Krankenversicherungsvertrags bei der Klägerin stand auch nicht entgegen, dass der Beklagte zunächst von Juli 2012 bis Juli 2013 in der Schweiz krankenversichert und seit August 2013 in Deutschland bei der Techniker Krankenkasse gesetzlich krankenversichert gewesen ist.

Die Existenz eines weiteren Krankenversicherungsv...

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