Leitsatz (amtlich)
Prozesskostenhilfe kann im Anwaltsprozess regelmäßig nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, der Antragsteller habe einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht benannt und seine Bemühungen, einen solchen zu finden, nicht ausreichend dargelegt (§ 121 Abs. 5 ZPO). Vielmehr ist ein zweistufiges Verfahren geboten, das heißt, es ist dem Antragsteller nach erfolgter Bewilligung von Prozesskostenhilfe Gelegenheit zu geben, einen zur Vertretung bereiten Anwalt zu finden.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 3 O 224/23) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 12.04.2024 aufgehoben.
Das Landgericht wird angewiesen, über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
Gründe
Die als sofortige Beschwerde auszulegende Eingabe des Antragstellers vom 13.07.2024 gegen den seinen Prozesskostenhilfeantrag vom 08.11.2023 zurückweisenden Beschluss des Landgerichts vom 12.04.2024 ist zulässig. Die Beschwerde ist zwar nicht innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO bei Gericht eingegangen. Dem Antragsteller ist jedoch auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den Vorigen Stand einzuräumen, weil er ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten, § 233 ZPO. Der anwaltlich nicht vertretene Antragsteller durfte aufgrund des im Beschluss vom 12.04.2024 enthaltenen gerichtlichen Hinweises "Die Kammer würde den Ablehnungsbeschluss nochmals überdenken und auf Antrag einen Anwalt bzw. eine Anwältin beiordnen, sollte der Kläger nunmehr seine erfolglosen Bemühungen darlegen" davon ausgehen, dass er mit seinem beim Landgericht am 19.04.2024 eingegangenen Schreiben vom 11.04.2024 seiner Darlegungsobliegenheit in ausreichender Weise nachgekommen war, das Landgericht jedenfalls erneut über die Frage der Beiordnung entscheiden würde und es der Einlegung eines förmlichen Rechtsbehelfs gegen den Beschluss vom 12.04.2024 nicht bedurfte. Einen Antrag auf Wiedereinsetzung hat der Antragsteller im Schreiben vom 13.07.2024 konkludent gestellt. Er hat geltend gemacht, aufgrund der ihm mit Beschluss der Kammer vom 12.04.2024 in Aussicht gestellten erneuten Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen im Falle der Darlegung seiner Bemühungen, einen vertretungsbereiten Anwalt zu finden, und seinem Schreiben vom 12.04.2024, mit dem er der gerichtlichen Aufforderung nachgekommen sei, habe er sich nicht zur Einlegung einer Beschwerde veranlasst gesehen.
Die Beschwerde hat auch in der Sache vorläufig Erfolg.
Der Antragsteller hat Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren beantragt, mit dem er eine Verurteilung der Antragsgegner als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000 EUR und zur Erstattung von (im ausformulierten Klageantrag nicht bezifferten, im Antragsschreiben mit ungefähr 1.300 EUR angegebenen) Operationskosten sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Antragsgegner hinsichtlich vergangener und zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrt. Den Antrag hat die Kammer mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete mangels anwaltlicher Vertretung der Klägerseite keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen dem Antragsteller ein Rechtsanwalt beigeordnet werden könne, seien nicht erfüllt, weil er auf zweimalige Aufforderung der Kammer, seine Bemühungen dazulegen, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, nicht reagiert habe.
Mit dieser Begründung kann das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers nicht zurückgewiesen werden. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt nicht voraus, dass der Antragsteller dem Gericht einen vertretungsbereiten Anwalt benennt oder dass er darlegt und glaubhaft macht, dass er trotz Bemühungen keinen vertretungsbereiten Anwalt gefunden habe. Erforderlich und ausreichend ist es, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint und die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZPO). Dies bedeutet, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen muss, dass der Antragsteller mit seiner Klage Erfolg haben wird, diese also zulässig und begründet sein wird. Bei der Prüfung der Prozessvoraussetzungen im Rahmen der Zulässigkeit der beabsichtigten Klage ist im Anwaltsprozess unter anderem zu fragen, ob der Antragsteller postulationsfähig, also durch einen Anwalt vertreten sein wird. Die Postulationsfähigkeit muss nicht bereits bei Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesucht vorliegen; ihr (zukünftiges) Vorliegen muss lediglich wahrscheinlich sein. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 121 ZPO. Der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts gleichzeitig mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgen...