Entscheidungsstichwort (Thema)

Brustimplantate mit Industriesilikon. keine Schadensersatzansprüche gegen Haftpflichtversicherer des insolventen französischen Herstellers

 

Leitsatz (amtlich)

Die zwischen dem französischen Hersteller von (unzulässig mit Industriesilikon gefüllten) Brustimplantaten und seinem Haftpflichtversicherer getroffene vertragliche Regelung, wonach sich der Versicherungsschutz ausschließlich auf in Frankreich eingetretene Schadensereignisse erstreckt, verstößt nicht gegen Europarecht (Anschluss an OLG Karlsruhe, Urt. vom 20.4.2016 - 7 U 241/14 - und vom 17.8.2016 - 7 U 23/16 und 177/15 -).

 

Normenkette

AEUV Art. 18, 34, 56

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 3 O 29/16)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. April 2017 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 3 O 29/16 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin, der im Jahr 1999 im Ekrankenhaus in X ein mit Industriesilikon gefülltes Implantat des Herstellers Q S. A. eingesetzt worden ist, hat die Beklagte zu 2) nach Insolvenz des Herstellers aus dem zwischen diesem und der Beklagten zu 2) geschlossen Haftpflichtversicherungsvertrag direkt auf ein Schmerzensgeld von mindestens 4.000 EUR in Anspruch genommen. Der zwischen dem Hersteller und der Beklagten zu 2) zustande gekommende Vertrag enthält eine Bestimmung, nach der sich der Versicherungsschutz ausschließlich auf in Frankreich eingetretene Schadensereignisse erstreckt. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beschränkung des Versicherungsschutzes nicht gegen Europarecht verstoße und wirksam sei. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union sei nicht veranlasst.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihren Schmerzensgeldantrag weiter verfolgt sowie klageerweiternd den Ersatz entstandener Aufwendungen in Höhe von 4.000 EUR und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten zu 2) begehrt. Wegen der genauen Fassung der Anträge wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen (Bl. 3239 ff. d.A.). Die gegen die ursprüngliche Beklagte zu 1) gerichtete Berufung hat die Klägerin zurückgenommen.

II. Die Berufung der Klägerin war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 15.11.2017 verwiesen. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist. Die Stellungnahme der Klägerin vom 18.12.2017 rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass eine mittelbare Diskriminierung nach der Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 18 AEUV, die in der Beschränkung des Versicherungsschutzes auf in Frankreich eingetretene Schadensereignisse allenfalls liegt, gerechtfertigt ist, ohne dass sich entscheidungserhebliche Fragen zur Auslegung des Unionsrechts stellen, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichthofs der Europäischen Union geklärt sind oder sich zweifelsfrei beantworten lassen.

Hierzu hat der Senat im Beschluss vom 15.11.2017 unter Verweis auf die vom Bundesgerichthofs gebilligten Ausführungen des OLG Karlsruhe im Urteil vom 20.4.2016 (Anlage B 31) - 7 U 241/14 und in den beiden Urteilen vom 17.8.2016 - 7 U 23/16 und 177/15 (Anlage B 39) folgendes dargelegt:

Nach der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs ist eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt, wenn das Differenzierungskriterium auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck steht, der mit den nationalen Rechtsvorschriften zulässigerweise verfolgt wird (EuGH, Urteil vom 24. November 1998 - C-274/96 Slg. 1998, I-7637, Rn. 27 - Bickel und Franz; Urteil vom 23. März 2004 - C-138/02, Slg 2004, I-2703 Rn. 66 - Collins). So hat der Gerichtshof etwa entschieden, dass eine mittelbar auf der Staatsangehörigkeit beruhende Ungleichbehandlung durch das Ziel der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen medizinischen Versorgung gerechtfertigt sein kann, wenn es zur Erreichung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes beiträgt (EuGH, Urteil vom 13. April 2010 - C-73/08, Slg. 2010, I-2735 Rn. 62 - Bressol).

Nach diesen Maßstäben ist hier anzunehmen, dass die Französische Republik zur Anhebung des Verbraucherschutzniveaus im Gesundheitswesen eine Pflichtversicherung für Medizinprodukte einführen durfte, ohne d...

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