Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Erbeinsetzung zugunsten einer Pflegeperson durch die zu pflegende Person

 

Leitsatz (amtlich)

Die testamentarische Erbeinsetzung einer ambulant tätigen Pflegekraft durch die zu pflegende Person ist nicht gem. § 134 BGB i.V.m. § 7 WTG NRW unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 134; WTG NRW §§ 3, 7, 34

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 29 VI 477/17)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 27.03.2019 wird der am 19.03.2019 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgerichts - Köln, 29 VI 477/17, aufgehoben. Die Sache wird unter Aufhebung des Verfahrens zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 02.10.2017 auf Erteilung eines Alleinerbscheins und des Antrags des Beteiligten zu 2) vom 04.10.2017 auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der ihn und den Beteiligten zu 3) als Erben zu je 1/2-Anteil ausweist, jeweils nach dem am 14.06.2017 verstorbenen W. B. an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Am 14.06.2017 ist Herr W. B. (im Folgenden: Erblasser) verstorben. Er war geschieden und hinterließ zwei Söhne, die Beteiligten zu 2) und 3).

Seit dem Frühjahr 2014 war der Erblasser wegen seiner Parkinsonerkrankung körperlich pflegebedürftig. Im Mai 2014 wurde er in die Pflegestufe I nach SGB XI eingeordnet. Im Haushalt unterstützte ihn zunächst eine Frau M. Ende des Jahres 2014 lernte der Erblasser die Beteiligte zu 1) kennen, die Frau M. zunächst stundenweise und später tageweise vertrat und sich um den Haushalt des Erblassers kümmerte. Im Gutachten der Pflegezentrale des Medizinischen Dienstes N. vom 08.10.2015 (Bl. 61 ff. d.A.) wurde als pflegebegründende Diagnose u.a. eine "nicht näher bezeichnete Demenz" angegeben. Als "Pflegeperson" wurde Frau M. aufgeführt (Bl. 63 d.A.). Im Mai 2016 suchte der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) den Erblasser mehrfach auf und beriet ihn wegen seines Nachlasses. Anlässlich einer weiteren Begutachtung durch die Pflegezentrale des Medizinischen Dienstes N. gab die Beteiligte zu 1), die in dem Gutachten vom 10.08.2016 als "Pflegeperson B" bezeichnet wurde (Bl. 289 d.A.), der Gutachterin Auskunft, nachdem ein Antrag auf Anerkennung der Pflegestufe 2 nach SGB XI gestellt worden war. Im September 2016 schied Frau M. als Pflegeperson aus, nachdem es zwischen ihr und der Beteiligten zu 1) zu einem Zerwürfnis gekommen war. Am 14.10.2016 schloss der Erblasser einen Heimvertrag mit der M. gGmbH und zog in das Altenzentrum St. K. in K. um. Den Heimvertrag unterschrieb der Erblasser, die Ermächtigung zur Verwaltung der persönlichen Barbeträge unterschrieb die Beteiligte zu 1) als Bevollmächtigte (Bl. 86 ff. d.A.). Durch Beschluss des Amtsgerichts - Betreuungsgerichts - Köln vom 27.01.2017 wurde der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) zum Betreuer des Erblassers mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Heimplatzangelegenheiten, Regelung des Postverkehrs, Vermögensangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern und Wohnungsangelegenheiten bestellt (Bl. 82 f. d.A.).

Der Erblasser errichtete ein Testament, das das Datum "8.6.2016" aufweist und in dem er die Beteiligte zu 1) als seine Erbin eingesetzt hat (Bl. 2 d. Testamentsakte 29 IV 220/17).

Am 02.10.2017 hat die Beteiligte zu 1) zur Niederschrift des Nachlassgerichts die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist (Bl. 4 ff. d.A.). Sie hat sich hierbei auf das vom Erblasser errichtete Testament gestützt und vorgetragen, dass das Testament am 08.06.2016 errichtet worden und der Erblasser zu diesem Zeitpunkt testierfähig gewesen sei.

Mit notarieller Urkunde vom 04.10.2017 hat der Beteiligte zu 2) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn und seinen Bruder, den Beteiligten zu 3) als Miterben zu je 1/2-Anteil ausweist (Bl. 12 ff. d.A.). Der Beteiligte zu 2) hat vorgetragen, der Erblasser sei infolge seiner Demenzerkrankung zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nicht mehr testierfähig gewesen. Das auf den 08.06.2016 datierte Testament sei nicht am 08.06.2016, sondern später errichtet worden. Jedenfalls sei die letztwillige Verfügung gemäß §§ 134 BGB, 7 Wohn- und Teilhabegesetz NRW (=WTG) nichtig.

Durch am 19.03.2019 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 2) vom 04.10.2017 erforderlich sind, für festgestellt erachtet und den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 02.10.2017 zurückgewiesen (Bl. 335 ff. d.A.). Zur Begründung hat das Nachlassgericht ausgeführt, dass das Testament gemäß §§ 134 BGB, 7 WTG nichtig sei und deshalb die Beteiligten zu 2) und 3) die gesetzlichen Erben seien. Bezüglich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 19.03.2019 Bezug genommen.

Gegen diesen dem Verfahrensbev...

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