Leitsatz (amtlich)
Im Passivprozess entsteht die Erhöhungsgebühr, wenn anstatt der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Gesellschafter verklagt werden.
Normenkette
RVG-VV Nr. 1008
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 17.08.2005; Aktenzeichen 30 O 483/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 7.792 EUR
Gründe
I. Im Jahre 2003 erhob die Klägerin Klage gegen die "unter der Bezeichnung P. und S. handelnden Rechtsanwälte ... (es folgen 49 Namen)" auf Schadensersatz. Auf S. 6 der Klageschrift heißt es u.a.: "Die Klägerin ... verlangt von den Beklagten Schadensersatz ... Alle Beklagten sind passivlegitimiert." Eine Seite weiter ist u.a. zu lesen: "Die Beklagten haften ... als Gesamtschuldner." Im Rubrum des erstinstanzlichen Urteils sind die 49 Personen als Beklagte einzelnen aufgeführt. Mit Schriftsatz vom 15.10.2004 hat die Klägerin Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt. In der Berufungsschrift sind auf Beklagtenseite wiederum 49 Personen aufgeführt ohne jegliche, auf eine gesellschaftsrechtliche Verbindung hindeutenden Zusatz. Hinter den Namen und der Anschrift befindet sich jeweils die Parteibezeichnung: "Beklagten und Berufungsbeklagten zu 1)-49)." Entsprechendes ist im Beschluss des OLG Köln vom 9.3.2005 zu lesen, mit dem die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Der Rechtspfleger hat antragsgemäß eine 2,0 Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV festgesetzt zugunsten der Beklagten. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.
Sie ist der Ansicht, es liege nur ein gemeinsamer Auftrag an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten vor. Falls es sich um Einzelaufträge handeln sollte, sei Erstattungsfähigkeit nicht gegeben, da ein einziger Auftrag durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgereicht hätte.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin bestritten, dass alle 49 Beklagten tatsächlich ihre Prozessbevollmächtigten mandatiert hätten. In der Folge haben die Beklagten einige Vollmachten vorgelegt. Dieses Vorgehen hält die Klägerin nicht für ausreichend.
Des Weiteren hat sie ihren Vortrag während des Beschwerdeverfahrens geändert und behauptet nunmehr, von Anfang an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts verklagt zu haben.
Die Beklagten halten die Entscheidung des Rechtspflegers für zutreffend.
II. Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache selbst keinerlei Erfolg.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, hat der Rechtspfleger die Erhöhungsgebühr festgesetzt.
Aufgrund der Entscheidung des BGH v. 18.2.2002 - II ZR 331/00, NJW 2002, 1207, wonach die Gesellschaft bürgerlichen Rechts parteifähig ist, kann es inzwischen wohl als allgemein anerkannt bezeichnet werden, dass eine Mehrvertretungs- bzw. Erhöhungsgebühr nicht anfällt, wenn ihre Mitglieder als solche einen Aktivprozess führen (KG, Beschl. v. 7.12.2004 - 1 W 427/04; OLG Stuttgart v. 9.9.2002 - 8 W 329/02, MDR 2002, 1457; OLG Köln, Beschl. v. 8.10.2003 - 17 W 222/03; Beschl. v. 16.2.2005 - 17 W 27/05; Beschl. v. 24.10.2005 - 17 W 217/05, st. Rspr.; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller/Rabe, RVG-VV, 16. Aufl., Nr. 1008 Rz. 41 ff.).
Anders ist es jedoch dann, wenn nur die Gesellschafter oder diese neben der Gesellschaft verklagt werden, also im Passivprozess (OLG Koblenz v. 9.4.2002 - 14 W 183/02, MDR 2002, 721; OLG Nürnberg JB 2001, 527 f.; OLG Köln, Beschl. v. 9.12.2004 - 17 W 314/04; Hansens, RVGreport 2005, 154). Dann ist die bei Vertretung der Beklagten angefallene Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 RVG-VV erstattungsfähig. Geht der Kläger gegen die Gesellschafter als solche vor - oder möglicherweise zusätzlich gegen die Gesellschaft -, dann rechtfertigt sich die Gebührenerhöhung schon daraus, dass es nicht nur um das gesamthänderisch gebundene Vermögen als Einheit geht, sondern sich dem Kläger ggf. die Möglichkeit eröffnet, auf das Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter Zugriff zu nehmen. Des Weiteren steigt mit der Anzahl der vertretenen Personen für den Rechtsanwalt selbst sowohl die Arbeitsbelastung als auch das Haftungsrisiko an. Aufgrund einer Gesamtbetrachtung ist dem Rechtsanwalt deshalb im Passivprozess eine Erhöhungsgebühr zuzubilligen.
2. Die Klägerin kann damit kein Gehör finden, dass es ausreiche, dass einer der verklagten Gesellschafter den Prozessanwalt für alle Gesellschafter mandatiere, so dass nur ein Auftrag vorliegt. Denn dabei verkennt die Klägerin, dass es allein in ihrer Hand lag, die Zahl der als Partei auftretenden Personen auf Beklagtenseite zu bestimmen. Anders als beim Aktivprozess haben die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hierauf bei einem Passivprozess keinerlei Einfluss. Ob es sich bei einer Sozietät von Rechtsanwälten um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im...