Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzung für die Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung durch das Gericht nach der Änderung des § 1618 BGB
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der Neufassung des § 1618 BGB, wonach nunmehr die Ersetzung der Einwilligung durch das Gericht für das Kindeswohl erforderlich sein muss, hat der Gesetzgeber bewußt die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung verschärft. Die positiv festzustellende Erforderlichkeit der Namensänderung setzt eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten voraus. Kindes- und Elterninteressen sind grundsätzlich gleichrangig.
2. Erforderlich ist die Einbenennung nur dann, wenn die Trennung des Namensbandes aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist und ein milderer Eingriff in das Elternrecht nicht ausreicht.
3. Die Eingliederung eines Kindes in einen neuen Familienverband ist ein von der Namensgleichheit unabhängiger tatsächlicher Vorgang.
4. Als triftiger Grund für eine Namensänderung reicht es nicht aus, dass eine enge Bindung zwischen dem Kind und dem Kindesvater, dessen Name das Kind trägt, nicht besteht.
Normenkette
BGB § 1618 Sätze 3-4; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 07.10.2005; Aktenzeichen 42 F 770/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 20.10.2005 gegen den Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 7.10.2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 3.000 EUR werden der Antragstellerin auferlegt.
Der Prozesskostenhilfe-Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Dem Antragsgegner wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. in D. ratenfreie Prozesskostenhilfe zur Abwehr der Beschwerde bewilligt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschl. v. 7.10.2005 ist als befristete Beschwerde nach § 621e Abs. 1 i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig (vgl. BGH v. 29.9.1999 - XII ZB 139/99, MDR 1999, 1447 = FamRZ 1999, 1648; v. 24.10.2001 - XII ZB 88/99, MDR 2002, 217 = BGHReport 2002, 64 = FamRZ 2002, 94), jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das FamG es nach Anhörung der betroffenen Kinder und der leiblichen Eltern abgelehnt, die gem. § 1618 S. 3 BGB notwendige Einwilligung des Antragsgegners in die von der Antragstellerin und deren jetzigem Ehemann beabsichtigte Einbenennung der Kinder durch Erteilung des neuen Ehenamens der Mutter zu ersetzen (§ 1618 S. 4 BGB). Das Beschwerdevorbringen führt zu keinem anderen Ergebnis.
Zutreffend und in Übereinstimmung mit der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Köln v. 13.1.1999 - 14 UF 220/98, OLGReport Köln 1999, 223 = FamRZ 1999, 734 [735]; KindPrax 199, 170; v. 18.9.2001 - 25 UF 126/01, OLGReport Köln 2002, 115 = FamRZ 2002, 637; OLG Hamm v. 9.2.1999 - 2 UF 517/98, FamRZ 1999, 736; v. 27.4.1999 - 2 UF 43/99, FamRZ 1999, 1380 [1381]; OLG Celle v. 3.2.1999 - 15 UF 259/98, OLGReport Celle 1999, 141 = FamRZ 1999, 1374 [1375]; v. 23.4.1999 - 18 UF 26/99, FamRZ 1999, 1377; OLG Dresden v. 5.5.1999 - 22 UF 171/99, FamRZ 1999, 1378; OLG Stuttgart v. 26.3.1999 - 18 UF 39/99, OLGReport Stuttgart 1999, 297 = FamRZ 1999, 1375 [1376]; OLG Oldenburg v. 18.6.1999 - 11 UF 26/99, OLGReport Oldenburg 1999, 237 = FamRZ 1999, 1381; OLG Koblenz FamRZ 2000, 690; OLG Köln v. 7.8.2002 - 4 UF 73/02, OLGReport Köln 2003, 10, Leitsatz veröffentlicht FamRZ 2003, 1411), die der BGH mit Beschl. v. 24.10.2001 (BGH v. 24.10.2001 - XII ZB 88/99, MDR 2002, 217 = BGHReport 2002, 64 = FamRZ 2002, 94) bestätigt hat, ist das FamG davon ausgegangen, dass die Neufassung von § 1618 BGB durch Art. 1 Nr. 7 KindRG, mit der die bisherige Formulierung ("dem Kindeswohl dienlich") durch "für das Kindeswohl erforderlich" ersetzt worden ist, eine vom Gesetzgeber bewusst vorgenommene Verschärfung der Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils darstellt und sie dem ausdrücklichen Zweck dient, die Bindung des Kindes an diesen Elternteil zu unterstreichen (BGH v. 24.10.2001 - XII ZB 88/99, MDR 2002, 217 = BGHReport 2002, 64). Danach genügt es nicht mehr, wenn die angestrebte Namensänderung, entsprechend der früheren Rechtsprechung des BVerwG zu §§ 1, 3 NÄG, für das Kindeswohl förderlich bzw. dienlich ist. Die - positiv festzustellende (vgl. OLG Hamm v. 9.2.1999 - 2 UF 517/98, FamRZ 1999, 736; v. 27.4.1999 - 2 UF 43/99, FamRZ 1999, 1380 [1381]) - Erforderlichkeit der Namensänderung setzt vielmehr eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten voraus. Hierbei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Kindes- und Elterninteressen gleichrangig sind (vgl. BGH v. 24.10.2001 - XII ZB 88/99, MDR 2002, 217 = BGHReport 2002, 64 = FamRZ 2002, 94 [95]). Zwar entspricht es, wie das BVerfG auf der Grundlage des früheren Namensrechts entschieden hat, regelmäßig dem Wohl des Kindes, den gleichen Namen zu tragen wie die neue Familie, in der es jetzt lebt (BVerfG v. 17.7.1992 - 1 BvR 394/91, FamRZ 1992, 1284 [1285]). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass diese Wertung ihrerseits bereits das Ergebnis einer Ab...