Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 12 O 279/21) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen. Binnen gleicher Frist mag mitgeteilt werden, ob die Berufung zur Vermeidung weiterer Kosten zurückgenommen wird.
Gründe
I. Die zulässige Berufung gegen das den Klägern in der Hauptsache 37.706,02 EUR nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs ATwist zusprechende Urteil des Landgerichts hat nach dem derzeitigen Stand der Sach- und Rechtslage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO). Die Berufung kann sich weder gemäß § 513 Abs. 1 ZPO darauf stützen, dass die Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht, noch darauf, dass nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
1. Die Beklagte ist dem hinreichenden Vortrag der Kläger zu den Voraussetzungen einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung im Sinne von §§ 826, 31 BGB in erster Instanz nicht entgegen getreten. Vielmehr ist mangels jeglicher Ausführungen der Beklagten im Rahmen des ordnungsgemäß angeordneten schriftlichen Verfahrens der in der Klageschrift gehaltene Vortrag - worauf auch das Landgericht abgestellt hat - als zugestanden anzusehen.
2. Soweit die Beklagte meint, der Vortrag der Klägerseite sei nicht hinreichend substantiiert gewesen, sodass er schon nicht habe bestritten werden müssen, kann sie hiermit nicht durchdringen. Die Kläger haben unter Bezugnahme auf das von der Beklagten hergestellte, nach ihrer Darstellung von ihnen als Neufahrzeug für 41.400 EUR erworbene Wohnmobil, den darin verbauten Motortyp und die von der Beklagten entwickelte Software eine vom Vorstand aus Gründen der Gewinnmaximierung beschlossene unzulässige Abschalteinrichtung behauptet, die den Stickoxidausstoß so optimiere, dass die vorgeschriebenen Abgaswerte auf dem Prüfstand eingehalten würden, nicht aber im Alltagsbetrieb. Hierzu haben sie vorgetragen, dass die Motorsteuerungssoftware die - 20 Minuten dauernde - Prüfstandsituation erkenne und sodann einen optimierten Modus aktiviere, der die Abgasrückführung verbessere; nach 22 Minuten und 26 Kilometern werde die Abgasrückführung aber wieder reduziert, ohne dass dies aus Gründen des Motorschutzes erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund drohe die Stilllegung des Wohnmobils; hätten sie dies gewusst, hätten sie es nicht erworben. Zur Untermauerung ihres Vorbringens haben sie auf Berichte und Feststellungen des Kraftfahrtbundesamts zu anderen von der Beklagten hergestellten Fahrzeugen verwiesen und behauptet, dass diese vergleichbar seien. Dies alles ist vorliegend - da unbestritten - zugestanden und begründet einen Anspruch der Kläger aus §§ 826, 31 BGB.
3. Der von der Beklagten nunmehr erstmals in der Berufungsbegründung gehaltene Sachvortrag ist neu im Sinne des § 531 ZPO, und das - nach Darstellung der Beklagten fahrlässige - Unterbleiben der Vorlage der Sache an den sachbearbeitenden Rechtsanwalt vor Ablauf der Schriftsatzfrist stellt eine Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO dar. Verschulden der Prozessbevollmächtigten ist der Partei auch insoweit zuzurechnen (MünchKommZPO-Rimmelspacher, § 531 Rn. 29) und steht einer Zulassung des den Klägervortrag bestreitenden Vorbringens in II. Instanz entgegen. Es verhilft der Berufung auch nicht zum Erfolg, wenn die Beklagte auf die durch die sog. Dieselverfahren entstandene enorm gestiegene Belastung ihrer Prozessbevollmächtigten verweist. Der damit verbundenen - nach ihrer Darstellung plötzlichen und unerwarteten - Vervielfachung der Fristen, Fristabläufe und in der Sozietät täglich verteilten Fristenblätter hätten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten organisatorisch Rechnung tragen müssen. Dass dies ausreichend und unter Berücksichtigung der zur Fristenbehandlung bestehenden obergerichtlichen Rechtsprechung geschehen wäre, tragen sie selbst nicht vor, sondern postulieren lediglich, sie hätten insoweit alles ihnen Mögliche - etwa Neueinstellungen von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsfachangestellten - getan, gleichwohl sei dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt das Hauptfristenblatt aber nicht vorgelegt worden, und er habe seitens des Sekretariats auch keine Erinnerung erhalten.
II. Die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss liegen vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 ZPO).
Fundstellen
Dokument-Index HI15133364 |