Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung über einen in zweiter Instanz gestellten Befangenheitsantrag
Leitsatz (amtlich)
Nach dem am 1.1.2002 in Kraft getretenen ZPO-Reformgesetz unterliegt eine Entscheidung, durch die das LG ein Befangenheitsgesuch gegen einen im Berufungs- oder Beschwerderechtszug befassten Richter zurückgewiesen hat, nicht mehr der sofortigen Beschwerde nach §§ 46 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO zum OLG, sondern unter den Voraussetzungen des § 574 ZPO der Rechtsbeschwerde zum BGH.
Verfahrensgang
LG Bonn (Beschluss vom 27.02.2004; Aktenzeichen 8 S 104/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 10.3.2004 gegen den Beschluss des LG Bonn 27.2.2004 - 8 S 104/03 - wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist unstatthaft.
Sie richtet sich gegen die Zurückweisung eines Befangenheitsgesuches, das der Beklagte im Rahmen des Berufungsverfahrens vor dem LG gestellt hat. Nach dem am 1.1.2002 in Kraft getretenen ZPO-Reformgesetz unterliegt eine derartige Entscheidung nicht mehr der sofortigen Beschwerde (BayObLG BayObLGZ 2002, 89 [91 f.] = NJW 2002, 3262; OLG Köln v. 10.1.2003 - 8 W 1/03, OLGReport Köln 2003, 140; OLG Celle v. 17.6.2002 - 9 W 59/02, OLGReport Celle 2002, 228; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.9.2003 - 11 W 43/03, MDR 2004, 412, JURIS-Nr. KORE 4 3967 32003; OLG Karlsruhe v. 30.12.2002 - 4 W 51/02, MDR 2003, 651 = OLGReport Karlsruhe 2003, 101; OLG Stuttgart v. 13.12.2002 - 8 W 522/02, OLGReport Stuttgart 2003, 197 = NJW-RR 2003, 494; OLG Zweibrücken v. 9.4.2003 - 3 W 73/03, OLGReport Zweibrücken 2003, 267; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 46 Rz. 9; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 46 Rz. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 46 Rz. 14). Zwar sieht § 46 Abs. 2 ZPO gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, wie bisher die sofortige Beschwerde vor. Sie ist nach § 567 Abs. 1 ZPO aber nur statthaft, soweit es sich bei dem anzufechtenden Beschluss um eine Entscheidung handelt, die im ersten Rechtszug ergangen ist. Diese Auslegung ist nach dem Gesetzeswortlaut zwingend. § 46 Abs. 2 ZPO ist lediglich die Vorschrift, die die "ausdrückliche Bestimmung" i.S.d. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO enthält. Sie entbindet nicht von der Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO. Diese weiteren Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt, wenn das LG nicht in erster Instanz, sondern als Beschwerde- oder - wie hier - als Berufungsgericht über einen Befangenheitsantrag entscheidet. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die getroffene Entscheidung einen Beteiligten erstmals beschwert. Maßgebend ist allein, in welcher Instanz sich das Verfahren in der Hauptsache befindet (zum ganzen BayObLG BayObLGZ 2002, 89 [91 f.] = NJW 2002, 3262). Durch das ZPO-Reformgesetz wurde die Anfechtbarkeit einer Entscheidung über die Ablehnung von Richtern am LG im Berufungs- oder Beschwerderechtzug der Rechtslage bei Entscheidungen über Befangenheitsgesuche gegen Richter am OLG angeglichen, die auch nach dem bisherigen Recht nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar waren (vgl. BayObLG BayObLGZ 2002, 89 [91 f.] = NJW 2002, 3262; OLG Karlsruhe v. 30.12.2002 - 4 W 51/02, MDR 2003, 651 = OLGReport Karlsruhe 2003, 101). Der ein Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschluss unterliegt nur unter den Voraussetzungen des § 574 ZPO der Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 133 GVG). Diese liegen hier indes nicht vor, da im Gesetz für den Fall der Richterablehnung die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht ausdrücklich bestimmt ist und das LG sie im vorliegenden Fall nicht zugelassen hat.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die Kosten auch der erfolglosen Beschwerde solche der Hauptsache (ebenso Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 46 Rz. 20 m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1163752 |
NJW 2004, 3642 |
ZAP 2005, 272 |
OLGR Köln 2004, 273 |