Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des AG Berlin-Schöneberg
Leitsatz (amtlich)
1. In Nachlasssachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist zur Entscheidung eines Zuständigkeitsstreits das in § 5 FGG bezeichnete OLG berufen; § 36 ZPO ist hier nicht anwendbar.
2. Eine Abgabeverfügung des AG Berlin-Schöneberg nach § 73 Abs. 2 FGG bindet nur dann, wenn dieses AG zuvor seine örtliche Zuständigkeit bejaht hat.
Normenkette
FGG § 5 Abs. 1, § 73 Abs. 1-2; ZPO § 36
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 60 VI 2370/2007) |
AG Euskirchen (Aktenzeichen 3 VI 195/07) |
Tenor
Als zuständiges Gericht für die Bearbeitung der Nachlasssache wird das AG Berlin-Schöneberg bestimmt. Ihm bleibt vorbehalten, die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht abzugeben.
Gründe
1. Die Erblasserin, Frau K.G., ist am 26.1.2007 in Frankreich verstorben. Ihr Ehemann hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, welcher ihn, den Antragsteller, als Alleinerben der Erblasserin ausweist. In dem zu Protokoll des Rechtspflegers bei dem AG Euskirchen gestellten Antrag vom 21.5.2007 hat er angegeben, es sei unklar, ob der letzte Wohnsitz der Erblasserin Zülpich war oder ob sie in Frankreich gewohnt hat. Zülpich liegt im Bezirk des AG Euskirchen. Durch einen Beschluss vom 14.11.2006 hatte das AG Euskirchen eine bis dahin für die Erblasserin geführte Betreuung mit der Begründung aufgehoben, dass die Erblasserin auf Dauer nach Frankreich verzogen sei und daher in Deutschland keiner Betreuung mehr bedürfe.
Mit Verfügung vom 29.5.2007 hat der Richter des AG Euskirchen das Nachlassverfahren mit der Begründung an das AG Berlin-Schöneberg abgegeben, dass die Erblasserin mit letztem Wohnsitz in Frankreich verstorben sei. Dieses hat die Sache mit Verfügung vom 11.6.2007 an das AG Euskirchen "zuständigkeitshalber" zurückgesandt. Die Verfügung vom 11.6.2007 ist unter Verwendung eines Vordrucks erstellt, der unvollständig ausgefüllt ist. Insbesondere ist der Textbaustein, das AG Schöneberg erkläre sich "für zuständig und überträgt die Bearbeitung der Sache nach - in entsprechender Anwendung von - § 73 Abs. 2 Satz 2 FGG dem Nachlassgericht in ..." nicht angekreuzt; handschriftlich eingesetzt ist allerdings der Ort Euskirchen. Eingangs der Verfügung heißt es "Die Erblasser(in) hatte seinen/ihren letzten Wohnsitz ggf. im Ausland". Unter der Überschrift "Wichtiger Abgabegrund" ist folgender Text angekreuzt bzw. ausgefüllt: "Nachlassgegenstände befinden sich im dortigen Gerichtsbezirk. Falls kein Lebensmittelpunkt in Frankreich bestand, gilt weiterhin § 73 I FGG und diese Abgabe ist gegenstandslos".
Mit Beschluss vom 12.9.2007 hat das AG Euskirchen daraufhin dem BGH die Akte zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Es hat die Auffassung vertreten, der BGH sei "als gemeinsames Obergericht zur Entscheidung der Zuständigkeit berufen".
Mit Verfügung vom 18.9.2007 - X ARZ 289/07 - hat der (stellvertretende) Vorsitzende des X. Zivilsenats des BGH die Sache an das AG Euskirchen zurückgegeben. Diese von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Senats unterzeichnete Verfügung hat im Original folgenden Wortlaut:
"In Sachen Nachlasssache G. anliegend erhalten anliegend Sie die Akten urschriftlich zurück.
Die Vorlage ist unzulässig. Seit der Änderung des § 36 ZPO durch das Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997 (BGBl. I 3224) ist an die Stelle der Zuständigkeit des BGH als des zunächst höheren gemeinschaftlichen Gerichts die desjenigen OLG getreten, zu dessen Bezirk das zunächst mit der Sache befasste Gericht gehört (OLG Köln, Beschl. v. 27.10.1998 - X ARZ 876/98, NJW 1999, 221).
Ein nach der Neuregelung noch vorgesehener Ausnahmefall nach § 36 Abs. 3 ZPO liegt nicht vor. Eine Vorlage nach § 36 Abs. 3 ZPO kommt nur in Betracht, wenn ein OLG im Anwendungsbereich des § 36 Abs. 1 ZPO von der Auffassung eines anderen OLG oder des BGH abweichen will (OLG Köln, Beschl. v. 5.10.1999 - X ARZ 247/99, NJW 2000, 80, 81; vgl. auch BT-Drucks. 13/9124, 45 f.).
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 36 Abs. 3 ZPO sind dann auch nur die in dieser Bestimmung genannten OLG zur Vorlage befugt. Eine unmittelbare Anrufung des BGH auf Vorlage eines beteiligten Gerichts scheidet deshalb aus (vgl. Senat, Beschl. v. 30.4.2002 - X ARZ 59/02, vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 36 Rz. 4a).
Mit freundlichen Grüßen".
Daraufhin hat das AG Euskirchen die Sache dem OLG Köln zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
2. Der Senat bestimmt als zuständig das AG Schöneberg, dem eine Abgabe an ein anderes Gericht aus wichtigem Grunde gem. § 73 Abs. 2 Satz 2 FGG vorbehalten bleibt.
a) Das OLG Köln, dem die Sache jetzt vorliegt, ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen. Der BGH, dem das AG Euskirchen die Sache zunächst vorgelegt hatte, obliegt diese Bestimmung dagegen nicht. Dies hat der stellvertretende Vorsitzende des X. Zivilsenats in seiner eingehend begründeten Verfügung vom 18.9.2007 im Ergebnis - allerdings auch nur im Ergebnis - zutre...