Entscheidungsstichwort (Thema)

Kartellberufungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Kartellberufungssache liegt immer dann vor, wenn es sich um eine Streitigkeit handelt, für die in erster Instanz die Zuständigkeit des Kartell-Landgerichts begründet gewesen wäre (§ 87 GWB), ohne dass es eine Rolle spielt, ob tatsächlich das Kartell-Landgericht entschieden hat.

2. War das Verfahren in erster Instanz eine Kartellsache, so bleibt es auch in zweiter Instanz eine Kartellsache, und zwar unabhängig davon, ob es für die Entscheidung über die Berufung auf die kartellrechtliche Frage ankommt.

 

Normenkette

GWB § 87 S. 2, §§ 91, 95

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 31 O 259/15)

 

Tenor

Der Senat sieht von einer Aufhebung des Beschlusses vom 25.10.2017 ab und legt das Verfahren dem 8. Zivilsenat des OLG Köln zur Zuständigkeitsbestimmung vor.

 

Gründe

Entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf ist der Beschluss des Senats vom 25.10.2017 nicht aufzuheben oder eine Entscheidung darüber geboten, ob die Entscheidung des Berufungsverfahrens von einer kartellrechtlichen Vorfrage im Sinne des § 87 S. 2 GWB abhängt. Eine ausschließliche Zuständigkeit des OLG Düsseldorf, Kartellsenat, ist aus den weiterhin zutreffenden Gründen des Verweisungsbeschlusses vom 25.10.2017 gegeben.

Gemäß § 91 S. 2, § 87, § 95 GWB entscheidet der Kartellsenat - hier des OLG Düsseldorf - über Berufungen gegen Endurteile in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 87 Abs. 1 GWB (so auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2018, VI-U (Kart) 20/17, mit dem sich das OLG Düsseldorf im Rahmen der vorliegenden Streitigkeit für unzuständig erklärt hat). Eine solche Streitigkeit liegt vor.

Im Ausgangspunkt zutreffend geht das OLG Düsseldorf - was der Senat auch nicht in Abrede gestellt hat - davon aus, dass nach der 6. GWB-Novelle für die Frage, ob eine kartellrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 87 GWB vorliegt, eine materiell-rechtliche Anknüpfung und nicht - wie nach der alten Rechtslage - eine formelle Anknüpfung maßgeblich ist. Danach ist allerdings - anders als das OLG Düsseldorf meint - die Zuständigkeit der Kartellsenate seit der Gesetzesänderung immer dann gegeben, wenn es sich um eine Streitigkeit handelt, für die in erster Instanz die Zuständigkeit des Kartell-Landgerichts begründet gewesen wäre (§ 87 GWB), ohne dass es eine Rolle spielt, ob tatsächlich das Kartell-Landgericht entschieden hat (vgl. Bornkamm in Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Aufl., § 91 GWB Rn. 6). War somit das Verfahren in erster Instanz eine Kartellsache, so bleibt es auch in zweiter Instanz eine Kartellsache, und zwar unabhängig davon, ob es für die Entscheidung über die Berufung auf die kartellrechtliche Frage ankommt (so ausdrücklich: Bornkamm in Langen/Bunte aaO, § 91 GWB Rn. 7). Alle Kartellsachen sind daher auch Kartellberufungssachen (vgl. Bumiller in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl., § 60 Rn. 19).

Die Frage, ob aufgrund einer materiellen Anknüpfung davon auszugehen ist, dass eine Kartellsache vorliegt, kann eindeutig dadurch festgestellt werden, dass sich die anzufechtende Entscheidung ausdrücklich mit Kartellrechtsfragen befasst (Bechtold, GWB, 7. Aufl., Rn. 2).

Entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf (vgl. Beschluss vom 21.02.2018, S. 7 f.) kommt es nicht darauf an, ob für die Berufung die kartellrechtlichen Fragen erheblich sind (Bornkamm in Langen/Bunte aaO, § 91 GWB Rn. 7). Entscheidend ist alleine, ob das Landgericht aus seiner Sicht mit Recht im Sinne einer materiellen Anknüpfung als Kartellgericht entschieden hat. Entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf entspricht dies nicht einer formalen Anknüpfung, die sich allein nach der Frage richtete, ob das Landgericht formal (beispielsweise ersichtlich durch das Aktenzeichen oder das Rubrum, vgl. Karsten Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 91 GWB Rn. 10) als Kartellgericht entschieden hat, sondern danach, ob die Entscheidung des Landgerichts materiell-rechtlich an das Kartellrecht anknüpft und dieses prüft und daher erkennbar unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten als Kartellgericht entschieden hat (vgl. Karsten Schmidt in ZWeR 2007, 395, 407).

Soweit etwas anderes gelten könnte, wenn das Landgericht die kartellrechtliche Zuständigkeit in nicht vertretbarer Weise angenommen haben könnte, was anzunehmen sein könnte, wenn es auch nach der maßgeblichen Sicht des Landgerichts nicht erheblich auf kartellrechtliche Vorfragen im Sinne des § 87 S. 2 GWB ankäme, führt dies jedenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Denn aus den aus der angefochtenen Entscheidung ersichtlichen, ausführlichen Gründen hat das Landgericht angenommen, das eine Prüfung von kartellrechtlichen Vorschriften entscheidungserheblich ist und die Entscheidung nicht allein von Fragen des Designrechts abhängt.

Hiergegen spricht auch nicht der Wortlaut des § 91 S. 1 GWB. Vielmehr lässt der Wortlaut der Norm offen, ob eine eigenständige Prüfung durch das Berufungsgericht erforderlich ist. Die Vorschrift nennt ausdrücklich "Berufungen gegen...

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