Leitsatz (amtlich)
1.
In der gegenüber einer Suchtberatungsstelle abgegebenen "Einverständniserklärung", mit der bestätigt wird, dasss die Post an die Einrichtung geschickt werden soll, kann eine Bevollmächtigung der in der Einrichtung tätigen Personen zur Entgegennahme von Zustellungen liegen, die eine Zustellung nach § 171 ZPO ermöglicht.
2.
Die Beweiskraft der Zustellungurkunde nach § 182 Abs. 1 S. 2 in Verb. mit 418 ZPO wird nicht in Frage gestellt, wenn in der Zustellungsurkunde vom Fall einer Ersatzzustellung nach § 37 Abs. 1 StPO in Verb. mit § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgegangen wird, bei zutreffender rechtlicher Bewertung aber eine Zustellung nach § 171 ZPO anzunehmen ist.
3.
Von der Möglichkeit der öffentlichen Zustellung soll wegen der damit für den Zustellungsempfänger regelmäßig verbundenen Nachteile nur als "ultima ratio" Gebrauch gemacht werden.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Amtsgerichts A. vom 06.11.2007, mit dem die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts A. vom 22.03.2006 widerrufen wurde, wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Landgericht dem Verurteilten nicht gewährt.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
I.
"Der Verurteilte wurde durch Urteil des Amtsgerichts A. vom 22. März 2006, rechtskräftig seit dem 30. März 2006, wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung auf zwei Jahre - bis zum 29. März 2008 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem Verurteilten wurde auferlegt, sich straffrei zu führen und jeden Wohnungswechsel dem Gericht mitzuteilen. Er wurde außerdem der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Seit Oktober 2006 entzog sich der Verurteilte dem Kontakt zur Bewährungshelferin. Er wurde in einer gerichtlichen Anhörung am 27. Februar 2007 zur Kontakthaltung mit der Bewährungshelferin ermahnt. Am 21. Februar 2007 suchte er die Bewährungshelferin auf, befand sich seit dem 25. Juli 2007 in einer stationären Entgiftung in den Westfälischen Kliniken M. und gab an, hiernach nach Köln verziehen zu wollen. Seine Wohnung in A. hatte er bereits gekündigt. Der Verurteilte brach die Entgiftung ab und hielt sich hiernach ohne festen Wohnsitz zunächst in Köln, dann wieder in A. auf. Er war nach August 2007 weder für die Bewährungshilfe A. noch die Bewährungshilfe Köln erreichbar und erst ab Ende Oktober 2007 postalisch über das Café R., K.platz 15 in A. erreichbar. Er hatte der Einrichtung gegenüber schriftlich erklärt: "Hiermit bescheinige ich ... geb. am ..., dass meine Post an die Suchthilfe A., Kontakt-Café, K.platz 15, geschickt werden soll. Ich erkläre mich hiermit bereit, werktäglich im Kontakt-Café der Suchthilfe A. nach eingegangener Post für mich zu fragen." Das Postfach hat zumindest bis Mitte März 2008 bestanden. Der Widerrufsbeschluss wurde dem Verurteilten seitens des Kontakt-Cafés ausgehändigt.
Mit Beschluss vom 06. November 2007 widerrief das Amtsgericht A. die eingeräumte Bewährung und stellte den Beschluss dem Verurteilten am 04. Dezember 2007 im Café R. zu. Der Verteidiger des Verurteilten erhob für den Verurteilten hiergegen am 19. Dezember 2007 sofortige Beschwerde und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er machte geltend, der Verurteilte habe von dem Widerrufsbeschluss erst am "vergangenen Mittwoch" - dem 12. Dezember 2007 - Kenntnis erhalten, ein Widerrufsverfahrens sei ihm vorher unbekannt gewesen. Dem Beschluss sei eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt gewesen, so dass dieser von der kurzen Frist der sofortigen Beschwerde nicht informiert gewesen sei. Der Verteidiger legte ein ärztliches Attest vom 17. Dezember 2007 vor, in dem Dr. med. P. auch zu Auswirkungen einer Inhaftierung des Verurteilten Stellung nimmt.
II.
Die sofortige Beschwerde ist unzulässig.
Die am 19. Dezember 2007 beim Amtsgericht A. eingegangene sofortige Beschwerde ist verfristet, da der Widerrufsbeschluss dem Verurteilten am 04. Dezember 2007 bereits wirksam durch Übergabe an einen rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten erfolgt ist. Die Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO war damit bereits mit Ablauf des 11. Dezember 2007 verstrichen.
Die von dem Verteidiger des Verurteilten geäußerten Zweifel, ob überhaupt ein Widerrufsbeschluss zugestellt worden sei, entbehren einer Grundlage. Zum einen ergibt sich entsprechendes aus der Zustellungsurkunde vom 04. Dezember 2007, zum anderen ergibt sich dies auch aus dem ärztlichen Attest vom 17. Dezember 2007, in dem zur Frage der Inhaftierung des Verurteilten Ausführungen gemacht werden; hierzu hätte es ohne den vorliegenden Widerruf nicht bedurft.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht ersichtlich. Der Verurteilte war nicht ohne eigenes Verschulden gehindert, fristgerecht sofortige Beschwerde ...