Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 8 O 58/15) |
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV zur Auslegung von Art. 10 und Art. 7 der Verordnung (EG) 261/2004 des Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 vom 11. Februar 2004 (ABl. EG L 46 vom 17. Februar 2004 S. 1 ff.) folgende Fragen vorgelegt:
1. Ist unter "Preis des Flugscheins" im Sinne von Art. 10 der Verordnung bei solchen Flügen, die mit sogenannten "Bonusmeilen" im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms (vgl. Art. 3 Abs. 3 der Verordnung) bezahlt werden, für die Berechnung der Erstattung auf die Zahl der aufgewandten Bonusmeilen abzustellen?
2. Hat das Luftfahrtunternehmen in einem derartigen Fall nach Art. 10 Abs. 2 lit. c) 75% der aufgewendeten Bonusmeilen zu erstatten, also gutzuschreiben, oder kann der Fluggast im Hinblick auf Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Zahlung eines Geldbetrages verlangen?
a) Für den Fall, dass die Frage gemäß der ersten Alternative (Gutschrift von Bonusmeilen) zu bejahen ist:
Muss sich der Fluggast an das Unternehmen wenden, dessen Bonusmeilen er zur Bezahlung eingesetzt hat, oder an das Unternehmen, welches den Flug tatsächlich durchgeführt hat?
Welches Luftfahrtunternehmen ist zur Erstattung verpflichtet?
b) Für den Fall, dass die zweite Alternative (Zahlung eines Geldbetrages) zu bejahen ist:
Bemisst sich der zu erstattende Geldbetrag in Höhe des Gegenwertes der Bonusmeilen zum Zeitpunkt der Buchung oder nach den Kosten, die für einen entsprechenden Flug hätten aufgewandt werden müssen?
3. Kann die Regelung in Art. 5 Abs. 1 lit. c) i) oder zumindest der Rechtsgedanke, dass der Fluggast seinen Anspruch verliert, wenn er zwei oder (deutlich) mehr Wochen vor Abflug über die Annullierung des Fluges unterrichtet worden ist, auf einen Anspruch aus Art. 10 Abs. 2 der Verordnung entsprechend angewandt werden?
Gründe
I. Der Zeuge S H, ein schweizerischer Staatsbürger, buchte Anfang September 2011 für sich, seine Ehefrau H2 H (Klägerin zu 1.) sowie seine beiden minderjährigen Kinder T (Klägerin zu 2.) und M H (Kläger zu 3.) mehrere Flüge für einen Familienurlaub im Sommer 2012 auf Aruba (Karibik). Ausweislich der Buchungsbestätigung sollten die Flüge folgendermaßen durchgeführt werden:
Datum
Abflug
Flughafen
Ankunft
Flughafen
Fluggesellschaft
Tarif
30.06.12
14.30
Basel
15.30
Frankfurt
M2 CL
business
30.06.12
18.15
Frankfurt
20.30
Boston
M2
first
01.07.12
5.30
Boston
7.05
Philadelphia
V
first
01.07.
7.50
Philadelphia
12.15
Aruba
V
first
23.07.
22.30
Chicago
13.40
Frankfurt
M2
first
24.07.
16.20
Frankfurt
17.05
Basel
M2 CL
business
Der Zeuge hatte die Flüge mittels Gutschriften aus einem Kundenbindungsprogramm ("Bonusmeilen") bei der Fluggesellschaft V, einer Partnergesellschaft der Beklagten innerhalb der "Star Alliance", bezahlt (USDividend Miles Konto), und zwar mit insgesamt 190.000 "US Dividend Miles" zuzüglich Steuern und Gebühren in Geld. Bei dem Flug von Frankfurt nach Boston, um den es im vorliegenden Fall geht und den die Beklagte, ein in Deutschland geschäftsansässiges Luftfahrtunternehmen, durchführen sollte, ist ausdrücklich die 1. Klasse bestätigt worden.
Bereits im November 2011 wurde der Zeuge H von V darüber informiert, dass für den Flug am 30. Juni 2012 von Frankfurt nach Boston - nach derzeitigem Stand - eine 1. Klasse nicht zur Verfügung stehe. Auch eine Rückfrage des Zeugen bei der Beklagten ergab, dass man mit dem eingesetzten Flugzeug eine 1. Klasse nicht anbieten könne; der Zeuge könne ggfs. abwarten, ob nicht noch ein Wechsel des Flugzeugs erfolge, so dass man die 1. Klasse zur Verfügung stellen könne.
Der Zeuge H wandte sich mit Schreiben vom 16. Mai 2012 (139 GA) erneut an die Beklagte und wies auf die Herabstufung und die Regelung in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 hin. Er schlug vor, dass die Beklagte ihn und die Kläger auf einen früheren Flug der Beklagten nach Boston umbuchen solle, bei dem aktuell noch 8 freie Plätze in der 1. Klasse vorhanden seien. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 14. Juni 2012 (141 GA) ab, weil die Tickets von dem Partner V ausgestellt worden seien. Der Zeuge möge sich mit dieser in Verbindung setzen und nach einer Lösung suchen.
Die Kläger und der Zeuge nahmen den herabgestuften Flug M3 420 von Frankfurt nach Boston in der Business-Klasse am 30. Juni 2012 in Anspruch und machen nunmehr Ansprüche gemäß Art. 10 Abs. 2 lit. c) der VO Nr. 261/2014 geltend. Der Zeuge H hat seine Ansprüche schriftlich am 26. November 2014 an die Klägerin zu 1.) abgetreten (24/ AB). Entsprechend einem vorgerichtlichen Rechtsanwaltsschreiben vom 28. August 2012 (15 f./ AB) berechnen sie ihren Erstattungsanspruch mit 75% des Preises, den die Beklagte für einen Flug 1. Klasse von Frankfurt nach Boston verlange, also 75% von 6.369 EUR = 4.779 EUR pro Fluggast, insgesamt fü...