Leitsatz (amtlich)

Fluggastrecht, Berufung, Rechtsverfolgungskosten, Erstattung, Provision, Anspruch, Annullierung, Berufungsverfahren, Luftfahrtunternehmen, Zahlung, Vermittler, Zinsen, Fluggast, Reisevermittler, Klageschrift, vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten, nicht ausreichend

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 03.12.2021; Aktenzeichen 14 O 2303/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 03.12.2021, Az. 14 O 2303/21, wie folgt abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Von den Kosten der ersten Instanz haben die Kläger gesamtschuldnerisch 12%, die Beklagte 88% zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz haben die Kläger gesamtschuldnerisch zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 639,88 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren vollständige Rückerstattung von Flugscheinkosten.

Am 03.09.2019 buchten die Kläger Flüge von München über Muscat nach Dubai und zurück (Hinflug: 02.04.2020, Rückflug: 16.04.2020). Die Buchung erfolgte über den Reisevermittler E. GmbH. Ausweislich der Buchungsbestätigung wurden für jeden Flug 1.458,09 EUR sowie eine "Service-Gebühr" in Höhe von 76,- EUR berechnet, der Gesamtpreis der Buchung in Höhe von 5.832,36 EUR wurde von den Klägern an die E. GmbH bezahlt. Ausführendes Luftfahrtunternehmen für die gebuchten Flüge war die Beklagte. Diese hatte die streitgegenständlichen Flüge auf einer für die E. GmbH verfügbaren Plattform für 5.116,48 EUR (4 × 1.279,12 EUR) angeboten. Der über diesen Preis hinausgehende, von den Klägern bezahlte Betrag setzt sich zusammen aus der erwähnten Servicegebühr in Höhe von 76,- EUR sowie der Vermittlungsgebühr der E. GmbH in Höhe von insgesamt 639,88 EUR. Die E. GmbH erhält von der Beklagten keine Provision.

Die Flüge wurden im März 2020 annulliert. Mit E-Mail vom 02.04.2020 wurde die Beklagte von der E. GmbH zur Rückerstattung der Ticketkosten aufgefordert (Anlage K2). Ein Ausgleich erfolgte zunächst nicht.

Die Kläger forderten mit Klageschrift vom 07.05.2021, die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger jeweils 1.458,09 EUR, insgesamt 5.832,36 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2020 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 627,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2021 zu zahlen.

Am 17.06.2021 zahlte die Beklagte an die Kläger 5.116,48 EUR sowie die verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Mit Schriftsatz vom 29.09.2021 erklärten die Kläger den Rechtsstreit insoweit teilweise für erledigt. Die Beklagte schloss sich der Eledigterklärung mit Schriftsatz vom 05.10.2021 an und erklärte insoweit Kostenübernahme.

Ergänzend wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat nach Teilerledigung der noch verbliebenen Klageforderung unter Abweisung der Zahlung der ebenfalls geforderten Servicegebühren stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Kläger zu 1) bis zu 4) jeweils 159,97 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 10.04.2020 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a), Art. 8 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.02.2004 (im Folgenden: Fluggastrechte-VO) einen Anspruch auf vollständige Rückerstattung der Flugscheinkosten, worunter auch die Vermittlungsgebühren der E. GmbH in Höhe von insgesamt 639,88 EUR fielen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei Art. 8 Abs. 1 lit. a) Fluggastrechte-VO dahin auszulegen, dass der Preis des Flugscheins, der zur Ermittlung des einem Fluggast vom Luftfahrtunternehmen im Fall der Annullierung eines Fluges geschuldeten Erstattungsbetrages heranzuziehen ist, die Differenz zwischen den vom Fluggast gezahlten und dem vom Luftfahrtunternehmen erhaltenen Betrag in Höhe der Provision eines als Vermittler zwischen ihnen tätig gewordenen Unternehmens einschließt, es sei denn, die Provision wurde ohne Wissen des Luftfahrtunternehmens festgelegt (EuGH, Urteil vom 12.09.2018, S. C-601/17). Das Landgericht war nach der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis, dass die Provision ohne ihr Wissen festgelegt wurde, nicht geführt habe. Der Zeuge M., Country-Manager bei der Beklagten, habe geschildert, dass die Beklagte ihre Flugtickets in globalen Reservierungssystemen zu einem bestimmten Preis anbiete, auf den nur Reisebüros oder Reisevermittler Zugriff hätten. Der Beklagten sei bekannt, dass manche der Reisevermittler eine Vermittlungsgebühr verlangten, andere hingegen nicht und dass die Tickets von den Reisevermittlern zu einem vom Reisevermittler selbst festgelegten Preis an die Endkunden und Fluggäste veräußert würden. Auch wenn die Beklagte selbst keinen Einfluss darauf habe, ob und ...

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