Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskostenvorschuss, Ermessensausübung
Leitsatz (amtlich)
Gibt das Mahngericht die Sache nach Einlegung des Widerspruchs auf Bitten des Anspruchstellers ohne Einzahlung weiterer Gebühren an das Streitgericht ab, darf dieses sein Tätigwerden nicht (mehr) von einer entsprechenden Zahlung abhängig machen.
Normenkette
GKG § 12 Abs. 3; ZPO § 271 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 20.08.2012; Aktenzeichen 11 O 255/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Aachen vom 20.8.2012 - 11 O 255/12 - aufgehoben, soweit darin die Zustellung der Anspruchsbegründung davon abhängig gemacht wird, weitere Gerichtsgebühren i.H.v. 547,50 EUR bei der Gerichtskasse einzuzahlen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Zunächst wurde ein Mahnbescheid beantragt. Gegen diesen legte der Antragsgegner Widerspruch ein. Der Bitte des Anspruchstellers, die Abgabe nach § 696 Abs. 1 ZPO ohne Vorauszahlung weiterer Gerichtskosten an das LG Aachen zu veranlassen, kam das Mahngericht nach. Zur Begründung gab der Antragsteller an, es seien dort bereits zwei weitere Verfahren rechtshängig, mit denen das vorliegende gem. § 147 ZPO zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden solle. Die 11. Zivilkammer des LG Aachen, an die die Sache nach Abgabe gelangte, machte ihr weiteres Tätigwerden zum Einen von der Vorlage einer Anspruchsbegründung und zum Anderen von der Einzahlung weiteren Prozesskostenvorschusses abhängig. Der erstgenannten Forderung kam der Kläger nach, lehnte jedoch eine weitere Zahlung ab mit der Begründung, dass in § 147 ZPO von "anhängigen", nicht aber von "rechtshängigen" Verfahren die Rede sei. Zudem ergebe sich aus seinem Justizgewährungsanspruch und der gebotenen Waffengleichheit, dass die Zustellung an den Beklagten nunmehr vorzunehmen sei (§ 271 Abs. 1 ZPO).
Hierauf hin teilte das LG unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG mit, es werde bis zur Einzahlung zusätzlichen Gerichtskostenvorschusses nichts weiter veranlasst werden.
Hiergegen erhob der Kläger unter erneutem Hinweis auf § 271 Abs. 1 ZPO wiederum Bedenken. Zudem wies er darauf hin, dass es sich bei § 12 GKG um eine "Sollvorschrift" handele.
Mit Beschluss vom 20.8.2012 setzte das LG den Streitwert fest und machte die Zustellung der Anspruchsbegründung von der Einzahlung weiterer Gerichtsgebühren i.H.v. 547,50 EUR abhängig. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Mahngericht habe hiervon zwar abgesehen, was gem. § 12 Abs. 3 Satz 3 GKG möglich sei. Ein Abweichen vom Regelfall setze aber das Vorliegen besonderer Gründe voraus, die hier nicht ersichtlich seien. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers handele es sich bei den zwei Parallelverfahren um jeweils andere Kläger, und nur der Beklagte sei stets identisch. Die beantragte Verbindung der Verfahren rechtfertige das Absehen von der Vorschusspflicht nicht. Auch aus § 271 Abs. 1 ZPO ergebe sich nichts anderes. Vielmehr gebiete es der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass der Antragsteller wie auch die Kläger in den beiden anderen Verfahren den vollen Gerichtskostenvorschuss zu leisten habe.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel gem. § 67 GKG. Er meint, das LG sei in Folge der Abgabe durch das Mahngericht gebunden, das das Vorliegen eines Ausnahmefalles von § 12 Abs. 3 Satz 3 GKG offensichtlich angenommen habe.
Der Beschwerde des Klägers hat das LG nicht abgeholfen und ausgeführt, es sei durch die Entscheidung des Mahngerichts weder gebunden noch gehindert, von dem in § 12 GKG eingeräumten Ermessen seinerseits Gebrauch zu machen. Es hat demgemäß die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde des Klägers ist gem. §§ 67 Abs. 1, 66 Abs. 3 Satz 1 GKG zulässig.
Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass das LG sein Tätigwerden von der Einzahlung weiteren Gerichtskostenvorschusses abhängig macht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 271 Rz. 6).
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Das LG kann die Zustellung der Anspruchsbegründung an den Prozessgegner nicht (mehr) von der Leistung einer zusätzlichen Zahlung auf die Gerichtskosten abhängig machen.
1. Gemäß § 12 Abs. 1 GKG soll die Klage in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Eine gleiche Regelung ergibt aus § 12 Abs. 3 GKG für den Fall, dass gegen einen Mahnbescheid Widerspruch eingelegt wird. Wird trotz Nichtzahlung die Klage zugestellt oder Termin anberaumt, so kann das Gericht die Abhaltung eines solchen oder eine andere Handlung nicht mehr von einer nachträglichen Zahlung der Gerichtskosten abhängig machen (OLG München NJW-RR 1989, 64; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 12 GKG Rz. 10 "Zustellung"). Dann ist davon auszugehen, dass das Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Hinblick auf das Anfordern des Gerichtskostenvorschusses Gebrauch gemacht hat (OLG Brandenburg MDR 1998, 1119). Hieran ist es deshalb gebunden.
Dies gilt grundsätzlich auch im Fa...