Normenkette
BGB § 839 Abs. 1; GG Art. 34; IfSG § 2 Nr. 7, § 30 Abs. 1 S. 2; Quarantäneverordnung NRW § 1a Abs. 2, §§ 3-5
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 1 O 228/21) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn (1 O 228/21) vom 22.12.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Klägerin.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Ohne tatsächliche Feststellungen gemäß §§ 540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1 ZPO.
II. Der Beschluss ergeht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO.
Zu Recht hat das Landgericht die Klage auf ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 3.750,00 EUR, wegen Anordnung einer Quarantäne im Zusammenhang mit dem Verdacht auf eine mögliche Erkrankung/Ansteckung mit dem SARS-CoV2-Virus abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Schmerzensgeld aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG - der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage - nicht zu, da die Beklagte keine Amtspflicht verletzt hat. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der unbegründeten Hauptforderung.
Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 26.04.2022 Bezug genommen, in dem der Senat unter anderem Folgendes ausgeführt hat:
"1. Soweit die Klägerin geltend macht, dass der RT-PCR Test nicht für diagnostische Zwecke zugelassen sei, vermag dies schon deshalb keine Amtspflichtverletzung der Beklagten zu begründen, weil der vorgenannte Test gemäß § 1a Abs. 2 die nach den zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Quarantäneanordnung geltenden Quarantäneverordnung NRW vom 12.02.2021 gültigen Anforderungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) erfüllte, die auf der Internetseite https://www.rki.de/tests veröffentlicht sind. Ausweislich der Empfehlungen des RKI auf den vorgenannten Internetseiten ist der RT-PCR-Test nach wie vor als labordiagnostische Untersuchung zur Klärung des Verdachts auf eine Infektion entwickelt und validiert (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html;jsessionid=1F4FD7332734453FEB7F1B090932FB73.internet101?nn=1349088 8#doc13490982bodyText10, Abruf: 26.04.2022). Die Beklagte hat sich daher innerhalb der für sie rechtlich maßgeblichen Vorgaben bewegt.
Dem steht nicht entgegen, dass der PCR-Test lediglich Fragmente von Nukleinsäure zuverlässig feststellen könne. Die insoweit erhobenen Bedenken der Klägerin verfangen nicht, weil es sich beim PCR-Test um ein vom Großteil der Wissenschaft anerkanntes Instrument handelt. Er gilt nach wie vor als "Goldstandard" für die Diagnostik von SARS-CoV-2 (vgl. nur Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. August 2021 - 13 B 991/21 -, juris Rn. 7ff.). Dies gilt insbesondere auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Umstände, insbesondere dem im von der Klägerin angeführten Verfahren des Amtsgerichts Weimar eingeholten Gutachten. Es drängt sich nicht auf, warum die kritisierte Identifikation von zwei Zielsequenzen des Virus durch einen PCR-Test (sog. Dual Target) nicht aussagekräftig sein sollte und zwingend drei Zielsequenzen verwendet werden müssten. Auch wenn bei zwei Zielsequenzen - je nach deren Auswahl - nur einzelne Teile des Virus identifiziert werden, ist ein Nachweis dieser nicht zur Normalflora des Körpers gehörenden Fragmente ein deutlicher Hinweis darauf, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 stattgefunden hat (so auch OVG Münster, a.a.O. Rn. 19).
2. Ebenso wenig war die Quarantäneanordnung der Beklagten vom 05.03.2021 ohne vorherige Anhörung der Klägerin amtspflichtwidrig. Unstreitig hatte die Klägerin engen Kontakt mit einer positiv getesteten Person nach § 3 Abs. 1 der vorgenannten Verordnung. Die nach dieser Vorschrift erfolgte Einstufung der Beklagten, die Tochter der Klägerin, die bei einem PCR-Test positiv auf das Coronavirus getestet wurde, als mit SARS-CoV-2 infiziert anzusehen, ist aus den vorgenannten Gründen nicht amtspflichtwidrig (vgl. auch VG Regensburg, Beschluss vom 04. Dezember 2020 - RO 14 E 20.2978 -, juris Rn. 56). Nach den Erkenntnissen des RKI kommen falsch positive Testergebnisse nur in extrem wenigen Einzelfällen vor. Aufgrund des Funktionsprinzips von PCR-Tests und der hohen Qualitätsanforderungen liegt die analytische Spezifität bei nahezu 100%. Im Rahmen von qualitätssichernden Maßnahmen nehmen diagnostische Labore zudem an Ringversuchen teil. Die bisher erhobenen Ergebnisse spiegeln insoweit nach den Erkenntnissen des RKI die sehr gute Testdurchführung in deutschen Laboren wider (vgl. auch VG Regensburg, a.a.O. Rn. 58).
Soweit die Klägerin einwendet, dass der CT-Wert ihrer Tochter lediglich bei 34 gelegen habe, und hierzu auf die als Anlage K4 vorgelegte Mitteilung des RKI verweist, vermag dies schon deshalb keine Amtspflichtverletzung der Beklagten hinsichtlich der angeordneten Quarantäne zu begründen, weil es bei der vorgenannten Mitteilung um die Entlas...