Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahrung der Beschlussanfechtungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Im Beschlussanfechtungsverfahren darf das Gericht die Zustellung der Antragsschrift nicht von der vorherigen Einzahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen. Geschieht dies doch und wird der Vorschuss sodann verspätet eingezahlt, so dass die Zustellung erst längere Zeit nach dem Eingang des Anfechtungsantrages bei Gericht erfolgt, ist die Zustellung dennoch als „demnächst” i.S.v. § 167 ZPO zu betrachten und das Anfechtungsrecht auch nicht als verwirkt anzusehen.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 08.05.2003; Aktenzeichen 2 T 12/03) |
AG Eschweiler (Aktenzeichen 6 II/02) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Aachen vom 8.5.2003 – 2 T 12/03 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.2.2002 zu Tagesordnungspunkt 7 wird für ungültig erklärt. Der weiter gehende Anfechtungsantrag (betreffend TOP 4) wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragsgegner zu tragen. Die Gerichtskosten der übrigen Instanzen werden zwischen der Antragsstellerin und den Antragsgegnern hälftig geteilt. Die durch das AG Eschweiler angeordnete Kostenerstattung entfällt; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet auch im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht statt.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2500 Euro festgesetzt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. den §§ 43 Abs. 1 Nr. 4, 45 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1, 29 FGG statthaft und auch i.Ü. zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG Aachen beruht auf einer Verletzung des Rechts i.S.v. §§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, 546 ZPO.
Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdegerichts ist der – im Rahmen des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde allein noch in Streit stehende – Anfechtungsantrag zu TOP 7 der Wohnungseigentümerversammlung vom 28.2.2002 nicht gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG verfristet. Denn das AG durfte die Zustellung der Anträge vom 24.3.2003, die am 26.3.2003 bei Gericht eingegangen waren, nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses gem. § 8 Abs. 2 KostO abhängig machen, so dass die Ursache für die nicht alsbaldige Zustellung dieser Anträge im Geschäftsgang des Gerichts lag. Solches hat der Senat bereits im Beschluss vom 2.2.2001 (OLG Köln, Beschl. v. 2.2.2001 – 16 Wx 183/00; ZMR 2001, 661–663 = NZM 2002, 299) entschieden und zur Begründung ausgeführt, im Beschlussanfechtungsverfahren überwiege das Interesse der Beteiligten an der raschen Klärung der Bestandskraft gefasster Eigentümerbeschlüsse ggü. dem durch § 8 Abs. 2 S. 1 KostO postulierten Sicherungsinteresse der Staatskasse, so dass es als ermessensfehlerhaft zu werten ist, wenn das Gericht die Zustellung des Antrags und mithin die Durchführung des Verfahrens von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängig macht.
An dieser Rspr., auf die zur weiteren Begründung Bezug genommen wird, hält der Senat fest. Sie entspricht i.Ü. der heute einhelligen Auffassung in der Rechtssprechung (OLG Zweibrücken, NZM 2002, 960 und die Nachweise in der Anmerkung der Schriftleitung zu dieser Entscheidung). Auch in der neueren Lit. wird diese Auffassung ganz überwiegend vertreten (s. insoweit die Nachweise in der Anmerkung in Schriftleitung in NZM 2002, 299). Lediglich Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, § 23 Rz. 194 vertritt eine abweichende Ansicht. Die h.M. steht nicht im Gegensatz zu der von den Antragsgegnern zitierten Entscheidungen des BGH (BGH v. 17.9.1998 – V ZB 14/98, BGHZ 139, 305–308 = MDR 1999, 28 = NJW 1998, 3648 – 3649) sowie des OLG Schleswig (OLG Schleswig v. 10.10.2001, NZM 2002, 960) und des OLG Saarbrücken, ZWE 2002, 541. Der BGH hat in der genannten Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist handele, die mit der Einreichung des Antrags gewahrt werde, sofern dieser bestimmt sei und die Zustellung (i.S.v. § 270 Abs. 3 ZPO a.F. = § 167 ZPO n. F) demnächst erfolge. Gleiches sagt die Entscheidung des OLG Schleswig. Dies ist auch zweifelsohne richtig, besagt aber nichts darüber, ob die Beurteilung der Zustellung als „demnächst” von der Anforderung und rechtzeitigen Einzahlung des Kostenvorschusses abhängig gemacht werden darf. Die zuletzt gestellte Frage verneint der Senat aus den oben genannten Gründen.
Der das Verfahren einleitende Antrag vom 24.3.2002 entsprach auch ansonsten noch den Anforderungen, die gem. der auch im Wohnungseigentumsverfahren geltenden Bestimmung des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an die Antragsschrift zu stellen sind. Der Antragsschrift war hinreichend zu entnehmen, gegen welche Eigentümergemeinschaft sich die Anfechtungsanträge richteten. Weiter gehende Erfordernisse waren auf der Passivseite des Rubrums nicht zu erfüllen. Insbesondere bedurfte es nicht der namentl...