Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einigungsgebühr bei wechselseitigem Unterhaltsverzicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Der wechselseitige Verzicht auf Unterhalt bei evident nicht bestehenden Unterhaltsansprüchen und auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs ohne vorherige Kontenklärung im Scheidungstermin löst eine Einigungsgebühr nicht aus.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1000

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Beschluss vom 29.11.2007; Aktenzeichen 40 F 325/07 (PKH I))

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der angefochtene Beschluss aufgehoben.

Die Erinnerung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des AG - FamG - Bonn vom 29.11.2007 - 40 F 325/07 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors hat in der Sache Erfolg.

Die vom Erinnerungsführer berechnete Einigungsgebühr ist zu Recht abgesetzt worden.

Nach dem Wortlaut von Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV-RVG entsteht die Einigungsgebühr "für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht".

Ob diese Regelung in allen Fällen des Verzichts anzuwenden ist, ist umstritten, weil der Gesetzgeber mit der Neuregelung die Anwendungsfälle für eine Einigungs- (Vergleichs-)gebühr erweitern wollte, z.B., ein gegenseitiges Nachgeben nicht mehr erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 15/1971, 204). Allerdings sollte mit der Einschränkung bzgl. des Verzichts und des Anerkenntnisses verhindert werden, dass von vornherein aussichtslose Fälle rechtshängig und dann durch Vergleich/Verzicht beendet werden (vgl. z.B. BGH, FamRZ 2007, 1096; OLG Stuttgart FamRZ 2007, 1832; OLG Nürnberg NJW 2007, 1071; OLG Hamm OLG-R 2007, 230; OLG Karlsruhe NJW 2007, 1072; OLG Zweibrücken FamRZ 2007, 219, 231 und 2006, 637; OLG Brandenburg FamRZ 2006, 1473).

Ein solcher Fall liegt hier hinsichtlich des vergleichsweise vereinbarten gegenseitigen Unterhaltsverzichts aber vor. In einem nachehelichen Verhältnis kann nur einer der Parteien ein Unterhaltsanspruch zustehen. Hier hat allein die Antragsgegnerin ein Einkommen gehabt. Ihr Verzicht kann schon deshalb keine Einigungsgebühr auslösen, weil ihr unter keinen denkbaren Aspekten ein Anspruch hat zustehen können.

Da sie aber nur weniger als 800 EUR monatlich als Studentin nebenher verdient hat, hat sie noch nicht einmal den ihr gegenüber einem geschiedenen Ehepartner zustehenden Selbstbehalt von 1.000 EUR monatlich verdient, so dass auch dem Antragsteller keinerlei Unterhaltsanspruch zugestanden hat, auf den er hätte verzichten können. Ein derartiger wechselseitiger Verzicht "auf nichts" kann in keinem Fall eine Einigungsgebühr auslösen.

Dies gilt in diesem konkreten Fall auch für den wechselseitigen Verzicht auf Versorgungsausgleich, der allerdings anders als der Unterhaltsanspruch von Amts wegen zu regeln war.

Aber auch hier ist für die Entstehung einer Einigungsgebühr erforderlich, dass ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien durch die Einigung, u.U. auch durch die Vereinbarung eines Verzichts beseitigt worden ist.

Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Den Parteien war bewusst, dass dem Antragsteller ein Anspruch auf Versorgungsausgleich zustand, der allerdings nur in geringfügiger Höhe bestehen konnte. Diesbezüglich bestand keinerlei Streit zwischen den Parteien, wenngleich die Höhe noch nicht festgestellt worden war. Es ist auch nicht vorgetragen, dass die Parteien etwa einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs diskutiert hätten. Es bestand zwischen den Parteien mithin keinerlei Unsicherheit. Wenn der Antragsteller, möglicherweise im Interesse einer schnelleren Scheidung, schlicht auf den Versorgungsausgleich verzichtet, ist dies genau der Fall, für den eine Einigungsgebühr nicht vorgesehen ist.

Das AG erwähnt zwar, dass bei Regelungen im Rahmen von Verbundsachen oft auch nicht anhängige Verbundsachen oder andere Fragen der Auseinandersetzung zwischen Eheleuten mitgeregelt werden, ohne besonders erwähnt zu werden. Für eine derartige Annahme spricht hier jedoch nichts, es handelte sich um eine kurze Ehe zwischen vermögens- und einkommenslosen Studenten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2074137

AGS 2008, 493

FamRB 2009, 146

OLGR-Mitte 2008, 819

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