Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Berechtigten zum Bezug von Kindergeld für gemeinsames Kind
Leitsatz (amtlich)
1. Bestimmung des Berechtigten zum Kindergeldbezug, wenn das minderjährige Kind im gemeinsamen Haushalt seiner Eltern, die sich über die Bezugsberechtigung nicht verständigen können, wohnt und von beiden gleichermaßen versorgt und betreut wird, nach dem weiteren Kriterium der Gewähr des Einsatzes zum Wohl des Kindes.
2. Keine Unzulässigkeit des Antrages unter dem Gesichtspunkt der Bindung an die einmal abgegebene Einverständniserklärung.
3. Verweigerung der Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Rechtsverteidigung im Beschwerdeverfahren, wenn sich Elternteil für die Antragstellung im ersten Rechtszug der Rechtsantragstelle bediente, sich zur Beschwerdeerwiderung selbst in der Lage sah und der andere Elternteil ebenfalls anwaltlich nicht vertreten ist.
Normenkette
FamFG § 231 Abs. 2; EStG § 64 Abs. 2 Sätze 2-3
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 10.08.2011; Aktenzeichen 452 F 7/11) |
Tenor
A. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - E. vom 10.8.2011 - 452 F 7/11 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass als Zeitpunkt der Kindergeldberechtigung der (*) 1.10.2010 festgesetzt wird.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kindesvater.
B. Der Kindesmutter wird für ihre Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Auferlegung von Ratenzahlungen bewilligt. Ihr weiter gehender Antrag vom 8.5.2012 auf Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten wird zurückgewiesen.
Gründe
zu lit. A.:
I. Die Beteiligten streiten über die Berechtigung zum Kindergeldbezug für ihr gemeinsames minderjähriges Kind für die Zeit ab dem 1.1.2011.
Die Kindesmutter und der Kindesvater sind für das minderjährige Kind gemeinsam sorgeberechtigt. Sie leben zusammen in einem Haushalt. Die Kindesmutter ist chinesischer Staatsangehörigkeit, lebt seit neun Jahren in der Bundesrepublik Deutschland und ist Studentin. Sie strebt zum Ende des laufenden Kalenderjahres den Diplom-Abschluss im Fachbereich Design an. Auch der Kindesvater, der an der Ablegung der Prüfung zum zweiten juristischen Staatsexamen gescheitert ist, ist ohne festes Erwerbseinkommen.
Die Beteiligten haben sich seit der Geburt des minderjährigen Kindes nicht über die Berechtigung zum Kindergeldbezug zu verständigen vermocht. Anfangs verweigerte der Kindesvater die Stellung eines Antrags zum Bezug von Kindergeld mit der Begründung, ein Jurist habe ihm schon vor vielen Jahren davon abgeraten, weil die Gefahr einer Überbezahlung von Kindergeld bestehe, und er wolle sich gegenüber dem Staat auf keinen Fall etwas zu Schulden kommen lassen. Stattdessen leitete er zunächst gegen die Familienkasse ein Verfahren ein, das zunächst in Erklärungen vom 28.10. und 13.11.2009 zum Bezug des Kindergeldes durch die Kindesmutter und eine dementsprechende Auszahlung an sie für fünf Monate von August bis September 2009 einmündete, sodann aber anlässlich der damals noch bevorstehenden Reise der Kindesmutter mit dem minderjährigen Kind nach China in der Zeit vom 12.01. bis zum 7.7.2010 von ihm im Dezember 2009 widerrufen wurden. Daraufhin stellte die Familienkasse die Zahlung des Kindergeldes an die Kindesmutter mit Wirkung ab dem 1.1.2010 ein. Gegen diese Entscheidung legte die Kindesmutter Einspruch ein, über den im Anschluss an den rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens befunden werden soll. Gleichzeitig strebte der Kindesvater eine gerichtliche Untersagung der Ausreise des minderjährigen Kindes im Wege der einstweiligen Anordnung bei dem AG Bonn zum beigezogenen Verfahren 403 F 371/09 an in der Sorge, dass sich durch derartig langfristige Auslandsaufenthalte ein gewöhnlicher Aufenthalt des minderjährigen Kindes in China verfestigen könne und die Kindesmutter die gemeinsame Tochter nicht wieder zum gewöhnlichen Aufenthaltsort zurückverbringe und/oder sich finanziell übernehme. Diese Besorgnis stützte der Kindesvater auf eine angebliche Aussage eines Richters am LG Wuppertal, wonach die Kindesmutter eine "sleeperin" sei, bei der die Gefahr bestehe, dass sie in einem Zusammenhang mit einem ausländischen Nachrichtendienst stehe. Dieses Verfahren endete mit der Antragsrücknahme des Kindesvaters unter dem 8.1.2010.
Ihren am 18.2.2011 gestellten Antrag bei dem AG, sie als Anspruchsberechtigte für das Kindergeld betreffend das minderjährige Kind zu bestimmen, hat sie damit begründet, der Kindesvater verweigere die Zustimmung in die Auszahlung des Kindergeldes an sie aus nicht nachvollziehbaren, offensichtlich auf psychischer Erkrankung beruhenden Gründen.
Der Kindesvater hat sich zu einer Reaktion auf die ihm eingeräumte Möglichkeit der Stellungnahme zu diesem Antrag erstinstanzlich nicht veranlasst gesehen.
Mit Beschluss vom 10.8.2011 hat das AG - Familiengericht - Bonn die Kindesmutter zur Kindergeldberechtigten ab dem "1.10.2011" auf der Grundlage des Vortrages der Kindesmutter, gegen den der Kindesvater keine Einwendungen e...