Leitsatz (amtlich)
Auf dem Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistands sind weder § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB noch § 2 VBVG (i.V.m. § 277 Abs. 2 FamFG) entsprechend verwendbar.
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 23.07.2014; Aktenzeichen 302 F 168/12) |
Tenor
Auf ihre Beschwerde gegen den am 23.7.2014 erlassenen Beschluss der Rechtspflegerin des AG - Familiengericht - Köln - 302 F 168/12 - wird unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die der Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung ihrem Antrag vom 10.4.2014 entsprechend über bereits gezahlte 550 EUR hinaus auf weitere 1.100 EUR festgesetzt.
Gründe
Der mit Schreiben vom 22.8.2014 eingelegte "statthafte Rechtsbehelf" der Verfahrensbeiständin gegen den ihren Antrag ablehnenden Beschluss der Rechtspflegerin ist als Beschwerde gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere ist der - weil es mit dem Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistands um eine vermögensrechtliche Angelegenheit geht - erforderliche Beschwerdewert von mehr als 600 EUR (§ 61 Abs. 1 FamFG) erreicht.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Wie die Rechtspflegerin in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausführt, ist für jedes der 3 Kinder, für die die Beschwerdeführerin aus Verfahrensbeistand bestellt wurde, der Vergütungsanspruch i.H.v. je 550 EUR gem. § 158 Abs. 7 S. 3 FamFG entstanden. Da bislang erst einmal 550 EUR festgesetzt worden sind, stehen der Beschwerdeführerin weitere 1.100 EUR zu.
Der noch offene Anspruch der Beschwerdeführerin ist nicht erloschen. Weder § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB, der für Aufwendungsersatzansprüche eines Vormunds das Erlöschen anordnet, wenn sie nicht binnen 15 Monaten nach ihrer Entstehung gerichtlich geltend gemacht werden, noch § 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG), der Gleiches für Vergütungsansprüche von Vormündern und Betreuern anordnet, ist unmittelbar auf Verfahrensbeistände anzuwenden. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen auf Verfahrensbeistände ist ebenso wenig geboten wie die entsprechende Anwendung des § 277 Abs. 2 FamFG, der für Aufwendungsersatzansprüche eines Verfahrenspflegers auf § 2 VBVG verweist.
Die analoge Anwendung von Rechtsnormen kommt in Betracht, wenn das Gesetz eine Regelungslücke enthält. Das ist in Bezug auf die Frage, innerhalb welchen Zeitraums Vergütungsansprüche von Verfahrensbeiständen geltend zu machen sind, nicht der Fall.
Eine offene Regelungslücke liegt nicht vor. Denn dadurch dass eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs eines Verfahrensbeistands nicht gegeben ist, tritt kein regelungsloser Zustand ein. Es gelten vielmehr die allgemeinen Verjährungsregeln.
Es besteht auch keine verdeckte Regelungslücke. Es ist nicht ersichtlich, dass die unterschiedliche Behandlung der Vergütung des Verfahrensbeistands gegenüber den Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüchen von Vormündern bzw. Ergänzungspflegern, Betreuern und Verfahrenspflegern einen vom Gesetz nicht gewollten Wertungswiderspruch darstellen würde. Die strikt pauschalierte Vergütung des Verfahrensbeistands mittels der gesetzlichen Pauschalen von 350 EUR bzw. 550 EUR, die sämtliche Aufwendungen umfassen, lassen vielmehr die Notwendigkeit einer verhältnismäßig kurzen Ausschlussfrist neben der regelmäßigen Verjährungsfrist nicht erkennen. Ein erhöhter Feststellungsaufwand ist mit einer nicht zeitnahen Geltendmachung der Vergütung nicht verbunden. Für die potentiell kostenpflichtigen Beteiligten ist aufgrund der gesetzlichen Pauschalierung unschwer zu erkennen, in welcher Höhe Kosten auf sie zukommen können. Insoweit besteht kein Interesse daran, Druck auf Verfahrensbeistände auszuüben, ihre Vergütungsansprüche möglichst kurzfristig geltend zu machen.
Bei Ausschlussfristen für die Geltendmachung einer Vergütung handelt es sich im Übrigen um Regelungen, die in die Berufsausübung eingreifen, so dass gem. Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht entbehrlich wäre.
Für den Anspruch der Beschwerdeführerin gelten deswegen die allgemeinen Verjährungsvorschriften. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Sie beginnt gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Da die dem Anspruch der Beschwerdeführerin zugrunde liegende Tätigkeit auf dem Bestellungsbeschluss vom 27.6.2012 beruht, ist Verjährung vorliegend noch nicht eingetreten
Fundstellen
JurBüro 2015, 494 |
FamRB 2015, 253 |