Leitsatz (amtlich)
1. Erklärt der Versicherungsnehmer gegenüber dem Krankenversicherer uneingeschränkt die Kündigung seines Versicherungsverhältnis unter Nennung der Versicherungsnummer, so ist im Wege der Auslegung der Kündigungserklärung aus Sicht eines objektiven Empfängers im Zeitpunkt ihres Zugangs zu klären, ob sich die Kündigung auf sämtliche unter der genannten Versicherungsnummer unterhaltenen Versicherungsverträge - hier Krankheitskostenversicherung und Krankentagegeldversicherung - und Tarife bezog.
2. Macht der Versicherungsnehmer von seinem Wahlrecht nicht Gebrauch, nur einzelne Verträge oder Tarife zu kündigen, folgt die Teilunwirksamkeit einer umfassend erklärten Kündigung wegen des fehlenden Nachweises eines Anschlussversicherungsverhältnisses gemäß § 205 Abs. 6 VVG unmittelbar aus dem Gesetz.
3. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung besteht für den Krankenversicherer unter Berücksichtigung der Interessenlage nach Treu und Glauben keine Veranlassung, die Kündigungserklärung des Versicherungsnehmers einschränkend auszulegen, wenn der Versicherungsnehmer in seinem Kündigungsschreiben den Nachweis eines Anschlussversicherungsverhältnisses selbst angekündigt. Dass dieses nachträglich nicht zustande gekommen ist, liegt allein im Risikobereich des Versicherungsnehmers.
4. Unter Würdigung aller Umstände handelt ein Krankenversicherer nicht treuwidrig, wenn er sich auf die wirksame Beendigung der Krankentagegeldversicherung und der Zusatztarife durch die ordentliche Kündigung des Versicherungsnehmers beruft, nachdem dieser seinerseits über einen Zeitraum von 4 Jahren die Prämien für die entsprechenden Tarife bis zu dem geltend gemachten Versicherungsfall eingespart hat.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 23 O 74/17) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs.2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Das Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Bewertung.
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die vom Kläger am 30.09.2012 erklärte Kündigung zu einer Beendigung der Krankentagegeldversicherung und des Krankheitskostenzusatztarifs "akut" (Unterbringung im Einbettzimmer und Chefarztbehandlung) vor Eintritt der streitgegenständlichen Versicherungsfälle geführt hat.
Mit Schreiben vom 30.09.2012, weitergeleitet in der E-Mail vom 01.10.2012 (Anlage K 1, Bl. 6), hat der Kläger die Kündigung des bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer 513/66598276 unterhaltenen Versicherungsvertrags erklärt. Diese Kündigungserklärung bezog sich auf sämtliche bei der Beklagten unter der vorgenannten Versicherungsnummer unterhaltenen Versicherungsverträge und Tarife. Die Kündigung des Klägers hat gemäß § 205 Abs. 1 VVG zu einer Beendigung der Krankentagegeldversicherung und aller vereinbarten Zusatztarife geführt, für die eine gesetzliche Verpflichtung gemäß § 193 Abs. 3 S. 1 VVG nicht besteht. Die teilweise Unwirksamkeit der erklärten Kündigung des Klägers gemäß § 205 Abs. 6 S. 2 VVG folgt unmittelbar aus dem Gesetz zur Sicherstellung der gesetzlichen Versicherungspflicht. Entgegen dem Berufungsvorbringen geht es nicht um die Auslegung der Kündigungserklärung des Klägers als Teilkündigung, sondern um die eingeschränkte Wirksamkeit seiner umfassend erklärten Kündigung nach § 205 Abs. 6 VVG.
Bei der Kündigungserklärung handelt sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung. Bei der Auslegung einer Willenserklärung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur solche Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 - VII ZR 222/10 -, juris; BGH, Versäumnisurteil vom 07. Dezember 2006 - VII ZR 166/05 -, juris). Aus Umständen, die erst nach Zugang der Erklärung zutage treten, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Empfänger diese Erklärung in einem anderen als in dem zum Zeitpunkt des Zugangs erkennbaren Sinn verstehen musste (BGH, Urteil vom 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878 m.w.N.). Zwar kann bei der Auslegung eines Rechtsgeschäfts auch das nachträgliche Verhalten der Partei berücksichtigt werden. Dies gilt aber nur in dem Sinne, dass spätere Vorgänge Rückschlüsse auf d...