Leitsatz (amtlich)
1. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Energieversorgers, dass kurzzeitige Beeinträchtigungen in der Verfügbarkeit des Kundenportals nicht zur fristlosen Kündigung berechtigen, stellt keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB dar.
2. Dass der Begriff der "kurzzeitigen Beeinträchtigung in der Verfügbarkeit des Kundenportals" in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Energieversorgers nicht näher umschrieben wird, stellt keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB dar.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2, § 308 Nr. 4; UKlaG § 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 31 O 56/21) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 08.03.2022, Az. 31 O 56/21 teilweise abgeändert und hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten (Ziffer II. des Tenors der angefochtenen Entscheidung) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2021 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt - soweit für das Berufungsverfahren noch relevant - die als Energieversorgerin tätige Beklagte auf Unterlassung der Verwendung einer Klausel in deren Allgemeinen Geschäftsbedingung und Zahlung weiterer Abmahnkosten in Anspruch.
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, der in die vom Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte ist ein Energielieferant, der seine Leistung gegenüber Endverbrauchern außerhalb der Grundversorgung erbringt.
Die Beklagte wirbt für Strom- und Gaslieferverträge auf ihrer Internetseite www.d...de mit drei verschiedenen Stromtarifen. Diese Werbung ist der Beklagten durch das Landgericht teilweise untersagt worden. Die Entscheidung ist insoweit rechtkräftig.
Die Beklagte nutzte unter Ziff. 1.5.4 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende Klausel:
1.5.4 Kurzzeitige Beeinträchtigungen in der Verfügbarkeit des Kundenportals sind zumutbar im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB und berechtigen Dich nicht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages.
Mit Schreiben vom 27.01.2021 mahnte der Kläger die Beklagte erfolglos wegen dieser Klausel und weiterer Wettbewerbsverletzungen ab und forderte zur Erstattung einer Abmahnkostenpauschale in Höhe von 214 EUR auf. Mit Schreiben vom 27.02.2021 übersandte der Kläger der Beklagten eine Rechnung hinsichtlich der Abmahnkosten.
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, die AGB Klausel 1.5.4 verstoße gegen §§ 307, 308 Nr. 4 BGB. In der Klausel sei ein für die Änderung der Leistung triftiger Grund nicht genannt. Schließlich sei die Klausel intransparent.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an der Geschäftsführerin, zu unterlassen,
I. im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern für den Tarif "N." in den Tarifdetails mit dem Hinweis: "Der Bonus entfällt, wenn die Strombelieferung vor Ablauf der ersten Vertragszeit beendet wird" zu werben oder werben zu lassen, obwohl der Bonusanspruch gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Z. 1.3.1 nicht verfällt, sondern zeitanteilig ausgezahlt wird, sofern der Kunde im ersten Belieferungsjahr aus einem wichtigen Grund kündigt, wenn dies geschieht, wie in der landgerichtlichen Entscheidung eingeblendet geschieht.
II. in Bezug auf Stromlieferverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, einzubeziehen oder sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen
[1 .5.4] Kurzzeitige Beeinträchtigungen in der Verfügbarkeit des Kundenportals sind zumutbar im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB und berechtigen dich nicht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags.
III. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 214,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht gewesen, die Klausel 1.5.4 sei nicht einschränkend, sondern klarstellend. Schließlich hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Beklagte hinsichtlich des Antrags Ziffer I (Unterlassung irreführender Werbung) sowie des Antrags Ziffer III (Abmahnkosten) in Höhe von 160,50 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Klage sei hinsichtlich des Antrags Ziffer II unbegründet. Diese Klausel sei nicht nach §§ 307 Abs. 1 S. 1, 308 Nr. 4 BGB unwirksam, weil sie die Vertragspartner der Beklagten entgege...