Leitsatz (amtlich)
1. Die Einrede der Schiedsvereinbarung gilt nicht für solche Klagen, die wegen Erschleichung eines materiell unrichtigen Schiedsspruchs auf die Herstellung des materiell richtigen Zustandes gerichtet sind.
2. Zur Erschleichung eines materiell unrichtigen Schiedsspruchs über die Kosten des Verfahrens durch unvollständige Angaben über die einer Partei erwachsenen und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten.
Normenkette
BGB § 1032 Abs. 1, §§ 1057, 826
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 28.11.2014; Aktenzeichen 1 O 165/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn vom 28.11.2014 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und im Hauptsachetenor wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 133.311,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.12.2010 zu zahlen. Überdies werden sie gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 2.611,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 17.6.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 27 Prozent und die Beklagten zu 73 Prozent.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.1. Die Beklagte zu 1) ist Gesamtrechtsnachfolgerin der G mbH (nachfolgend: G mbH), die seit dem 22.10.2013 durch Verschmelzung auf die Beklagte zu 1) erloschen ist. Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und war Geschäftsführer der G mbH. Die G GmbH und die Klägerin führten vor einem Schiedsgericht der E - Aktenzeichen E-SV-B-725/07 - mit umgekehrtem Rubrum einen Rechtsstreit über wechselseitige Ansprüche aus einem Unternehmensanteilskaufvertrag. Im Schiedsverfahren wurde die G mbH zunächst ausschließlich von der Q Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertreten. Mit dieser hatten sie zunächst eine Stundenhonorarvereinbarung getroffen. Im Rahmen von Verhandlungen zur "Deckelung" des sich hieraus errechnenden Zeithonorars schlug Rechtsanwalt Q mit E-Mail vom 7.5.2008 folgende Regelung vor (Blatt 89f der Akte):
"... Für den Fall der Entscheidung durch das Schiedsgericht durch das Schiedsgericht oder Beilegung des Streits durch Vergleich verpflichtet sich die G an uns 5 % des G vom Schiedsgericht zuerkannten oder durch Vergleich vereinbarten Erlöses aus der Streitigkeit mit J zu zahlen. Im Gegenzug verpflichtet sich Q RA GmbH über den bereits abgerechneten Anteil von 75 % eine Gutschrift zu erteilen und auf Abrechnung der nicht abgerechneten Stunden zu verzichten..."
Dieses Angebot nahm der Beklagte zu 2) durch E-Mail vom 14.5.2008 für die G mbH an (Blatt 89 der Akte). Als sich die G mbH in der Folgezeit durch die vorgenannte Rechtsanwaltsgesellschaft unzureichend vertreten fühlte, beauftragte sie auch die Rechtsanwälte T LLP mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Schiedsverfahren. Mit Verfügung vom 2.9.2010 forderte das Schiedsgericht die Parteien auf, ihre Kostenaufstellungen einzureichen. Mit Schriftsatz vom 15.9.2010 meldeten die Rechtsanwälte T LLP gegenüber dem Schiedsgericht die der G mbH durch das Verfahren entstandenen Kosten an, wobei sie die Ansprüche der Q Rechtsanwaltsgesellschaft mbH auf Grundlage einer Abrechnung nach Zeitaufwand mit 460.119 EUR bezifferten (Seite 3 der Anlage 2 im Anlagenheft zum Schriftsatz vom 28.4.2014). Unter Ziffer 10. führten die Bevollmächtigten für die G mbH in diesem Schriftsatz (dort Seite 5) - in deutscher Übersetzung - überdies aus:
"Die Klägerin versichert, dass sie beabsichtigt, sämtliche offenen Beträge nach Verkündung des Schiedsurteils in diesem Verfahren vollständig zu zahlen."
Das Schiedsverfahren endete mit Schiedsspruch vom 18.10.2010 (Anlage 1 im Anlagenheft zum Schriftsatz vom 28.4.2014). Das Schiedsgericht erkannte in der Hauptsache zu Gunsten der G mbH auf einen Auszahlungsbetrag von 3.415.394,49 EUR. Überdies hatte die Klägerin der G mbH Kosten in Höhe von 729.602,46 EUR auszugleichen. Die Kostenentscheidung begründete das Schiedsgericht wie folgt (nachfolgend in deutscher Übersetzung):
683. Die eigenen Kosten und Auslagen der Klägerin belaufen sich auf 1.290.501 Euro und die eigenen Kosten und Auslagen der Beklag- ten belaufen sich auf 786.901 EUR.
684. Wie oben bereits erwähnt, trägt die Beklagte 73 % der Kosten und Auslagen der Parteien und ist deshalb verpflichtet, der Klägern Kosten und Auslagen in Höhe von 942.065,73 EUR zu erstatten. Umgekehrt trägt die Klägerin 27 % der Kosten und Auslagen der Parteien und ist deshalb verpflichtet, der Beklagten Kosten und Auslagen in Höhe von 212.463,27 EUR zu erstatten.
685. Insgesamt ist die Beklagte verpflichtet, ...