Leitsatz (amtlich)
1. Zum Folgenbeseitigungsanspruch eines Verbraucherschutzverbandes gemäß § 8 Abs. 1, S. 1 UWG und § 2 Abs. 1 UKlaG gegenüber einer Versicherungsgesellschaft bei Verwendung unwirksamer Allgemeiner Versicherungsbedingungen (AVB) und fehlerhafter Produktinformationsblätter (PIB) bei Riester-Verträgen.
2. Eine vollständige Beseitigung der von unwirksamen AVB bzw. fehlerhaften PIB ausgehenden Fehlvorstellungen erfordert die Information aller von der Störung betroffenen Versicherungskunden, und zwar auch derjenigen, gegenüber deren Nachregulierungsansprüchen die Versicherung glaubt, sich auf den Ablauf der Verjährungsfrist berufen zu können.
3. Der Folgenbeseitigungsanspruch aufgrund unwirksamer AVB gewährt dem Gläubiger keinen Anspruch auf Versendung eines Berichtigungsschreibens mit einem ganz bestimmten vorgegebenen Wortlaut.
Normenkette
AltvPIBV §§ 8, 10 Abs. 1; BGB § 307; UWG §§ 1, 3, 3a, 8 I
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 33 O 43/20) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird jeweils unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das am 25.05.2021 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22.06.2021 (33 O 43/20) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. a) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, mit welchen Verbrauchern sie Verträge über fondsgebundene Rentenversicherungen als Altersvorsorgeverträge im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (sog. "Riester-Verträge") abgeschlossen hatte oder weiterhin abgeschlossen hat, in welche die nachfolgend aufgelisteten (oder inhaltsgleiche) Versicherungsbedingungen einbezogen wurden (unzulässige Bestimmungen im Fettdruck):
Allgemeine Versicherungsbedingungen für die H. ErgänzungsVorsorge S.
Teil A: Leistungsbeschreibung
§ 5 Überschussbeteiligung
III. Zuteilung von Überschüssen vor Rentenbeginn
(1) (...) durch die Sofortüberschüsse finanzieren wir die sonstigen Kosten (Kostenanteil) nur entsprechend unserem tatsächlichen Bedarf. (...) Die Höchstgrenze für die Kosten entnehmen Sie bitte Ihren Versicherungsunterlagen (Produktinformationsblatt).
§ 6 Ihre Fondsauswahl
I. Fondsanlage
(1) (...) Die Beitragsteile, die nicht für die Finanzierung der garantierten Mindestrente und für Kosten verbraucht werden, investieren wir in den von Ihnen gewählten Garantiefonds (...).
§ 9 Kosten
I. Abschluss- und Vertriebskosten
(2) Vor Rentenbeginn belasten wir Ihren Vertrag mit Abschluss- und Vertriebskosten in Form
- eines monatlichen Prozentsatzes des gebildeten Kapitals
und
- eines Prozentsatzes der vereinbarten Beitragssumme einschließlich Zulagen (...) und Zuzahlungen. Die Abschlusskosten in Prozent der vereinbarten Beitragssumme verteilen wir in gleichmäßigen Monatsbeträgen über einen Zeitraum von 5 Jahren, aber nicht länger als bis zum Rentenzahlungsbeginn. Von Zulagen und Zuzahlungen ziehen wir die Kosten jeweils einmalig zum Zeitpunkt des Zuflusses ab.
(3) Wir wenden das Verrechnungsverfahren nach § 4 der Deckungsrückstellungsverordnung (Zillmerverfahren) an. (...) Der auf diese Weise zu tilgende Betrag ist nach der Deckungsrückstellungsverordnung auf 2,5% der von Ihnen während der Laufzeit des Vertrages zu zahlenden Beiträge beschränkt.
(4) (...) Nähere Informationen zu den Rückkaufswerten und den beitragsfreien Rentenleistungen sowie ihren jeweiligen Höhen können Sie der Garantiewerttabelle in Ihren Versicherungsunterlagen entnehmen.
III. Höhe der Kosten
Die Höhe der einkalkulierten Abschluss- und Vertriebskosten (...) können Sie dem Produktinformationsblatt entnehmen.
§ 10 Rückkaufswert - Kündigung
(1) Vor Rentenbeginn können Sie den Vertrag jederzeit zum nächsten Monatsersten kündigen.
(2) Im Falle einer Kündigung zahlen wir
- den Rückkaufswert (vgl. Absatz 3)
- vermindert um einen Abzug, dessen absoluten Wert Sie der in Ihren Vertragsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen können (vgl. Absatz 4).
(3) Der Rückkaufswert setzt sich nach § 169 Versicherungsvertragsgesetz aus dem Zeitwert des Fondsvermögens und dem Wert des konventionellen Guthabens zusammen. Für laufende Beiträge entspricht er jedoch mindestens dem Zeitwert, der sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt.
(4) Von dem nach Absatz 3 ermittelten Wert nehmen wir einen Abzug vor. (...) Nähere Informationen zur Höhe des vorgesehenen Abzugs können sie der in Ihren Versicherungsunterlagen enthaltenen Garantiewerttabelle entnehmen. Wenn Sie uns nachweisen, dass der aufgrund Ihrer Kündigung von uns vorgenommene Abzug wesentlich niedriger liegen muss, wird er entsprechend herabgesetzt. Wenn Sie uns nachweisen, dass der Abzug überhaupt nicht gerechtfertigt ist, entfällt er.
(9) Eine Kündigung kann mit finanziellen Nachteilen verbunden sein. In der Anfangszeit Ihres Vertrages ist wegen der Verrechnung der Abschluss- und Vermittlungskosten (...) zunächst nur ein geringes Vertragsguthab...