Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen zur Annahme eines sog. fingierten bzw. gestellten Unfalls.

 

Normenkette

StVG § 7 Abs. 1; StVG § 18 Abs. 1; BGB § 823; VVG § 115 Abs. 1; PflVG § 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 13.02.2013; Aktenzeichen 26 O 376/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.02.2013 verkündete Urteil des LG Köln - 26 O 376/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, werden der Klägerin auferlegt.

Das angefochtene sowie das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO abgesehen.

Mit Zustimmung der Parteien ist durch Beschluss vom 12.03.2015 das schriftliche Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet worden.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das LG die Klage abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten der mit insgesamt 7.049,34 EUR geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus dem Vorfall vom 29.03.2011 nicht zu. Die Haftungsvoraussetzungen der §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 823 Abs. 1 und 2 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG, 1 PflVG sind nicht erfüllt, weil es sich erwiesenermaßen um einen sog. fingierten bzw. gestellten Unfall handelt.

Soweit das LG seine klageabweisende Entscheidung darauf gestützt hat, dass die Klägerin im Zeitpunkt des behaupteten Unfalls nicht Eigentümerin des unfallbeschädigten Fahrzeugs P A, amtliches Kennzeichen X-XX 2939, gewesen sei, kann die Frage der Aktivlegitimation dahinstehen, auch nachdem die Klägerin mit der Berufungsbegründung eine von ihr und ihrem Ehemann, dem Zeugen Q, unterzeichnete "Abtretungserklärung" vom 16.05.2013 hinsichtlich "evt. Forderung aus dem Verkehrsunfall vom 29.03.2011" (Anl. K6, Bl. 198 GA) vorgelegt hat.

Die von der Klägerin geltend gemachte Beschädigung des vorgenannten Kraftfahrzeugs ist nämlich mit einer die Rechtswidrigkeit ausschließenden Einwilligung erfolgt.

Ein Schadensersatzanspruch besteht nicht, wenn der Schädiger oder der Haftpflichtversicherer den von ihm zu führenden Nachweis (vergleiche zur Beweislast des Schädigers: BGH, Urteil vom 13.12.1977, VI ZR 206/75, zitiert nach juris) erbracht hat, dass die Rechtsgutverletzung mit Einwilligung des Verletzten erfolgte und der Verkehrsunfall manipuliert, mithin nur vorgetäuscht war. Unabhängig davon, dass in Ausnahmefällen besonders typischer Gestaltung des Unfallgeschehens der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen eines gestellten Unfalls in Betracht kommt (vergleiche BGH, a.a.O.; Urteil vom 06.03.1978, VI ZR 269/76, zitiert nach juris), kann gerade die Häufung von Beweisanzeichen für eine Manipulation nach der unmittelbaren Überzeugungsbildung des Tatrichters dafür sprechen, dass ein gestellter Unfall vorliegt (vergleiche BGH, Urteil vom 13.12.1977, VI ZR 206/75). In solchen Fällen wird nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit vorausgesetzt (vergleiche BGH, a.a.O.). Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsgutverletzung ausschließt (vergleiche OLG Hamm, Urteil vom 03.03.2004, 13 U 183/03; OLG Schleswig, Urteil vom 24.06.2010, 7 U 102/09; OLG Köln, Urteil vom 19.07.2011, 4 U 25/10; jeweils zitiert nach juris). Es kommt nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist stets die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände. Dabei mögen in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können (vergleiche OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.; KG Berlin, Urteil vom 07.09.2010, 12 U 210/09, zitiert nach juris).

Aufgrund des Sachvortrags der Parteien, des Ergebnisses der erstinstanzlich durchgeführten Anhörung der Parteien sowie Zeugenvernehmung und der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Stellungnahme liegen hier in ihrer Gesamtheit so viele gewichtige Anzeichen für eine Unfallmanipulation vor, dass der Senat von dem Vorliegen eines sog. gestellten Verkehrsunfalls überzeugt ist.

Für eine Unfallmanipulation spricht besonders deutlich der Umstand, dass die Schäden an den beiden beteiligten Kraftfahrzeugen P und D nicht mit dem von dem Beklagten zu 3 als Fahrer des Pkw D sowie der Klägerin geschilderten Hergang des Geschehens in Einklang zu bringen sind und auch im Übrigen nicht durch ein Unfallgeschehen aus dem Verkehrsfluss heraus resultieren können. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der Auswertung des Vortrags der Parteien, insbesondere der Schil...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge