Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu Äußerungen eines Rechtsanwalts auf der Kanzleihomepage über "abmahnende Anwälte"
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der bei Anwendung des § 4 Nr. 7 UWG erforderlichen Abwägung ist zu berücksichtigen, ob die Äußerung in Bezug auf einen Mitbewerber einem sachlichen Informationsinteresse des angesprochenen Verkehrs dient. Diese Maßstäbe gelten auch im Hinblick auf § 43b BRAO.
2. Eine Äußerung eines Rechtsanwalts, der gezielt um Mandanten wirbt, die wegen Urheberrechtsverletzung abgemahnt worden sind und wonach in solchen Angelegenheiten in der Regel "horrende Streitwerte" zugrunde gelegt würden, so dass es sich für die Rechtsanwaltszunft um ein lohnendes Geschäft handele, ist im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG noch als zulässig anzusehen.
3. Die sachlich nicht belegte Aussage, es sei bei den abmahnenden Kanzleien "übliche Praxis", ein (verbotenes) Erfolgshonorar zu vereinbaren, ist herabsetzend i.S.d. § 4 Nr. 7 UWG und i.S.d. § 4 Nr. 8 UWG geeignet, den Betrieb des Mitbewerbers zu schädigen, weil diesem hierdurch die Beitreibung der Forderungen erschwert wird.
4. Für die in einer Überschrift zum Ausdruck gebrachte Verallgemeinerung besteht kein Informationsinteresse des Verkehrs, wenn der nachfolgende Artikel nur Einzelfälle aufzeigt, die sich gerade nicht dahin verallgemeinern lassen, dass die Geschäftstätigkeit aller (oder doch der meisten der) abmahnenden Anwälte fragwürdig wäre.
Normenkette
UWG § 4 Nrn. 7-8, 11; BRAO § 43b
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.03.2010; Aktenzeichen 31 O 688/09) |
Tenor
1.) Auf die Berufung der Antragsgegner wird das am 4.3.2010 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln -31 O 688/09 - dahin teilweise abgeändert, dass die einstweilige Verfügung vom 25.11.2009 (31 O 688/09) zu Ziff. 1a) aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag insoweit zurückgewiesen wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Antragsteller zu 42 %, die Antragsgegner jeweils zu 29 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Antragsteller zu 1/3 wie auch die Antragsgegner jeweils zu 1/3.
Gründe
I. Der Antragsteller betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei, die u.a. im Auftrag von Rechteinhabern Urheberrechtsverletzungen in sog. Tauschbörsen im Internet verfolgt. Der Antragsgegner zu 2 arbeitet in der Rechtsanwaltskanzlei der Antragsgegnerin zu 1, die gezielt um Mandate von wegen solcher Rechtsverletzungen Abgemahnten wirbt. Die Antragsgegnerin zu 1 unterhält einen Internetauftritt, der u.a. eine Rubrik "Abmahnradar" enthält, unter der sie darauf hinweist, welche Rechtsanwälte (darunter auch die Kanzlei des Antragstellers) aktuell für welche Rechteinhaber Abmahnungen versenden; außerdem verweist sie auf ihre "Filesharing-Hotline".
Am 12.11.2009 veröffentlichte die Antragsgegnerin zu 1 in ihrem Internetauftritt einen Beitrag des Antragsgegners zu 2 unter der Überschrift "Geht es jetzt den abmahnenden Rechtsanwälten an den Kragen?". In dem Text heißt es u.a.:
a) "Da in Urheberrechtsangelegenheiten in der Regel horrende Streitwerte zugrunde gelegt werden, handelt es sich für die Rechtsanwaltszunft um ein lohnendes Geschäft." und
b) "Als Haken an der Angelegenheit erweist sich für die abmahnenden Kanzleien jedoch die Tatsache, dass dem Abmahnenden grundsätzlich nur ein Erstattungsanspruch zusteht, wenn und soweit diesem auch tatsächlich ein Schaden entstanden ist. D. h. der Abmahnende muss die Rechtsanwaltsvergütung auch tatsächlich an seinen Anwalt verauslagt haben - und zwar unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens. Dem Abmahnenden obliegt insofern das Insolvenzrisiko des Schuldners. Denn wenn er für viel Geld abmahnen lässt, der Abgemahnte jedoch insolvent ist, muss der abmahnende Rechteinhaber erfolgsunabhängig die vereinbarte oder gesetzlich vorgesehene Vergütung an seinen Rechtsanwalt. zahlen. Dass es mittlerweile bei den abmahnenden Kanzleien "übliche Praxis" ist, ein (verbotenes) Erfolgshonorar zu vereinbaren, scheint auf der Hand zu liegen."
Am 13.11.2009 erschien der Beitrag mit dem Zusatz, dass die Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Antragsgegners zu 2 erfolge, auf der Internetseite "abmahnwahn-dreipage. de". Der Beitrag war außerdem mit einem Lichtbild, das den Antragsgegner zu 2 zeigte, und seinen Kontaktdaten versehen.
Der Antragsteller hat beim LG, nachdem er seinen weitergehenden Antrag zurückgenommen hat, eine einstweilige Verfügung erwirkt, durch die den Antragsgegnern untersagt worden ist, sich wie oben unter a) und b) wiedergegeben zu äußern und/oder Äußerungen über die "abmahnenden Kanzleien" mit der Überschrift "Geht es jetzt den abmahnenden Rechtsanwälten an den Kragen?" zu versehen, wenn dies geschieht wie in dem im angefochtenen Urteil wiedergegeben gesamten Beitrag. Auf den Widerspruch der Antragsgegner hat das LG die einstweilige Verfügung bestätigt. Mit der Berufung verfolgen die Antragsgegner ihren Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung und Zurückweisung des auf ihren Erlass ...