Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 15 O 189/20) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. November 2020 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 15 O 189/20 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
a) an den Kläger 22.351,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Audi Q 3 mit der Fahrzeug-ID-Nr. X1.
b) an die A AG, B-straße 1, C, zur Schadens-Nr. X2 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 633,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juni 2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanzen tragen der Kläger zu 41 % und die Beklagte zu 59 %, diejenigen der Berufungsinstanz der Kläger zu 26 % und die Beklagte zu 74 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit dem sogenannten "Abgasdieselskandal" geltend. Er erwarb das streitgegenständliche Fahrzeug, einen damals neuen Audi Q 3, am 20. Januar 2014 bei einem Händler, der D GmbH & Co. KG, zu einem Preis von 37.717,00 EUR. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet, der von der Beklagten, dem Mutterkonzern der Audi AG, entwickelt wurde. Mit seiner Klage begehrt er im Wege des Schadenersatzes in erster Linie Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Audi Q 3. Die Klage wurde 2020 rechtshängig gemacht. Zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 29. Oktober 2020 betrug der Kilometerstand 70.335.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche des Klägers seien verjährt angesichts des - unstreitigen - Umstandes, dass die Beklagte am 22. September 2015 eine ad hoc Mitteilung veröffentlicht und darin u. a. mitgeteilt habe, es sei bei Fahrzeugen, in die Motoren des Typs EA 189 eingebaut worden seien, zu auffälligen Abweichungen der Abgaswerte auf den Prüfstand einerseits und im Realbetrieb andererseits gekommen. Diesbezüglich sei in der Folgezeit eine intensive Berichterstattung in allen Medien erfolgt. Auf Internetseiten hätten die Beklagte und ihre Konzernmarken Seiten publiziert, auf denen eventuell betroffene Autoeigentümer darüber sich hätten informieren können, ob ihr Fahrzeug betroffen sei. Einen Anspruch aus § 852 BGB könne der Kläger nicht geltend machen, da die Beklagte aus dem Vermögen des Klägers unmittelbar und ohne Zwischenschritte nichts erlangt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvorbringens der Parteien im ersten Rechtszug und der protokollierten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel.
Er ist der Ansicht, das angefochtene Urteil beruhe auf Rechtsverletzungen und fehlerhaften Tatsachenfeststellungen. Das Landgericht sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er noch in 2015 von den die Verjährung auslösenden Umständen Kenntnis erlangt habe. Es sei auch nicht von einer grob fahrlässigen Unkenntnis auszugehen, was auch für das Jahr 2016 zu gelten habe. Ihm sei die Erhebung einer Feststellungsklage angesichts der unklaren Sach- und Informationslage erst im Jahre 2018 zumutbar gewesen. Bei der in seinem Fahrzeug eingebauten illegalen Abschalteinrichtung handele es sich um ein Thermofenster, weshalb ihm ein Schadenersatzanspruch gemäß § 826 BGB zustehe. Sollte dieser Anspruch verjährt sein, stehe ihm ein ebensolcher gemäß § 852 BGB zu. Es sei dafür unerheblich, auf welchem Wege - unmittelbar oder mittelbar - der Beklagten die Bereicherung zugeflossen sei. Eine unmittelbare Vermögensverschiebung sei nicht erforderlich. Er habe daher Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungsvorteile sowie einer Händlermarge. Letztere belaufe sich auf sich auf 15 % des Nettokaufpreises.
Der Kläger beantragt unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 19. November 2020 - 15 O 189/20 -,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 29.444,40 EUR sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 11. Mai 2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi Q3 mit der Fahrzeug-ID-Nr. X1 zu zahlen;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des vorgenannten Fahrzeuges seit dem 11. Mai 2020 in Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, an die A AG, B-straße 1, C, zur Schadens-Nr. X2 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,36 EUR...