Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung des Begriffs „Teile der Bevölkerung“ in § 130 StGB.
Normenkette
StGB § 130
Verfahrensgang
AG Bonn (Entscheidung vom 07.05.2019) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bonn hat den Angeklagten am 7. Mai 2019 wegen Volksverhetzung in sechs Fällen zu der Gesamtgeldstrafe von 55 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Auf seine Berufung hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen.
Die Berufungsstrafkammer hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
"Dem Angeklagten ist mit Strafbefehl der Staatanwaltschaft Bonn vom 29.10.2018 vorgeworfen worden, in der Zeit vom 03.11.2013 bis heute gem. §§ 130 Abs. 2 Nr. 1 a) und b), 53 StGB in sieben Fällen Schriften, die die Menschenwürde von Teilen der Bevölkerung dadurch angreifen, dass sie beschimpft und böswillig verächtlich gemacht werden, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht zu haben.
Konkret wurde dem Angeklagten zur Last gelegt:
Als Betreiber des Internetforums Internetadresse1 verfasste und veröffentlichte der Angeklagte verschiedene Eigen- und Fremdbeiträge, in dem er Frauen in besonderer Weise herabwürdigt, ihnen ein Recht als gleichwertige Persönlichkeiten in der staatlichen Gemeinschaft abspricht und er sie auf ihre Fortpflanzungsfähigkeit reduziert.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Beiträge:
1.
Seit dem 03.11.2013 ist in dem besagten Forum der unter dem Kürzel des Angeklagten "A" veröffentliche Beitrag "Nicht Armut, sondern Arbeits-Unlust ist weiblich" abzurufen, in dem der Angeklagte Frauen als minderwertige Menschen degradiert, die allein zu Fortpflanzungszwecken, nicht jedoch zur Erwerbstätigkeit geschaffen seien. So heißt es in dem Beitrag "Wofür sind die Weiber denn geschaffen Für die Reproduktion ! Das Weib steht den Tieren näher, der Mann den Himmelswesen."
Zudem befürwortet der Angeklagte, das Wahlrecht für Frauen abzuschaffen.
2.
In dem Beitrag des Angeklagten "Sind Weiber Menschen zweiter Klasse- oder nur Fußballspieler zweiter Klasse" vom 14.07.2014 spricht der Angeklagte Frauen eine gleichwertige Bedeutung und letztlich gar ihr Menschsein ab und kommt zu dem Ergebnis "Männer sind Menschen erster Klasse. Und Weiber sind Menschen zweiter Klasse. Sie haben am Menschengeschlecht teil, reproduzieren es auch, aber repräsentieren es nicht."
3.
Als Administrator veröffentlichte der Angeklagte am 22.12.2014 unter der Überschrift "Mein (Jahre-?) Schlußwort" einen Beitrag, in dem er den Frauen ihr Menschsein abspricht bzw. sie als minderwertige Menschen bezeichnet. Der Beitrag ist heute noch abrufbar. Wörtlich schreibt der Angeklagte "Männer sind Menschen im eigentlichen Wortsinne. Weiber nehmen am Menschsein zwar teil, aber sie repräsentieren den Menschen nicht.
Man kann das vergröbert auch so ausdrücken: Weiber sind Menschen zweiter Klasse. - Oder: Weiber sind minderwertige Menschen."
4.
Am 09.08.2016 veröffentlichte der Angeklagte einen Artikel unter der Überschrift "Kategorienfehler als Grundlage einer Staatsdoktrin. Warum das Weib kein eigentlicher Mensch ist". Auch in diesem Beitrag kommt er zu dem Ergebnis, dass das "Weib" dem Tier näher ist. So heißt es hier: "Aus dem Skizzierten läßt sich folgern: Der Mann ist der - eigentliche - Mensch; das Weib nimmt am Menschsein teil, aber es repräsentiert den Menschen nicht. Sein Menschsein ist insofern uneigentlich. Es erhält den Menschen, gibt ihm aber keine Bestimmung.
Die Doktrin der Gleichheit von Mann und Weib ist so wahnhaft wie die Doktrin der Gleichheit von Mensch und Tier.
5.
In dem Beitrag "Das Gift der Gynokratie:"Mutti zerstört Vaters' Land"" veröffentlicht am 11.09.2016 fordert der Angeklagte erneut die Abschaffung des "Weiberwahlrechts".
6.
In einem Beitrag vom 18.03.2016 beschimpft der Angeklagte unter seinem Kürzel A das Verhalten der Frauen als parasitär. "Parasitismus hat ein Geschlecht". Nach seiner pauschalierten Darstellung beschränken sich Frauen darauf, das Geld auszugeben, das die Männer erarbeiten.
7.
Am 19.05.2016 veröffentlichte der Angeklagte in dem oben genannten Forum unter dem Kürzel A den Beitrag "Gelobt sei, was uns hart macht." Im letzten Abschnitt dieses Beitrages berichtet er von einer Dominanz "der Weiber im öffentlichen Dienst und im Schul- und Bildungswesen". Das zahlenmäßige Vorherrschen von Frauen in diesem Arbeits- und Berufsspektrum ist für ihn Zeichen einer geistig-moralischen Mangelerscheinung. Er vergleicht die seiner Meinung nach vorliegende hohe Zahl von Frauen in diesen Bereichen mit Schlammwürmern in einem Tümpel. Durch diese gleichsetzende Betrachtungsweise würdigt der Angeklagte Frauen in besonderer Weise herab.
Alle vorgenannten Beiträge sind seit dem Tag ihrer Veröffentlichung für eine unbeschränkte Anzahl von Internetnutzern frei abrufbar."
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung ist ausgeführt, dass...