Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts im Anwendungsbereich des § 287 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Beanstandet der Berufungsführer eine zu geringe Bemessung des von ihm verlangten Schmerzensgeldes auf der Grundlage der erstinstanzlich festgestellten Tatsachen, rügt er rechtlich qualifiziert eine Rechtsverletzung i.S.v. §§ 513 Abs. 1 Alt. 1, 546 ZPO.
2. Das Berufungsgericht ist an die im Anwendungsbereich der §§ 253 Abs. BGB, 287 ZPO von dem Erstgericht getroffene Schätzung der billigen Entschädigung anders als das Revisionsgericht nicht gebunden.
Normenkette
ZPO §§ 287, 513, 529, 546
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 26.04.2007; Aktenzeichen 21 O 493/94) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.4.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des LG Köln - 21 O 493/94 - teilweise abgeändert und werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über die vorgerichtlich gezahlten 1.000 EUR und über die in dem vorbezeichneten Urteil zuerkannten weiteren 2.500 EUR hinaus weitere 6.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.9.2004 zu zahlen.
Die im ersten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser selbst zu 48 %, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 32 % und die Beklagte zu 2) darüber hinaus zu 20 %. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) zu 50 % und die der Beklagten zu 2) zu 39 %.
Die im zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Im Übrigen tragen die Parteien die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfallereignisses vom 22.3.2003 auf der Q-Straße in I auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung von deren Ersatzpflicht für alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden als Gesamtschuldner in Anspruch, und zwar den Beklagten zu 1) als Halter und Fahrer und die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer des auf das von dem Kläger geführte Fahrzeug auffahrenden Pkw. Die Einstandspflicht der Beklagten für alle dem Kläger aus dem Unfallereignis erwachsenen Ansprüche dem Grunde nach ist unstreitig.
Erstinstanzlich haben die Parteien darüber gestritten, ob der Kläger bei dem Unfall über eine HWS-Distorsion hinaus, auf die die Beklagte zu 2) vorgerichtlich ein Schmerzensgeld von 1.000 EUR zahlte, einen Larynx-Bandabriss mit bleibenden Folgen erlitten hat und ob ihm deswegen eine billige Entschädigung in Höhe weiterer 4.000 EUR zusteht.
Mit am 26.4.2007 verkündetem Urteil hat der Einzelrichter der 21. Zivilkammer des LG Köln - 21 O 493/04 -die Beklagten als Gesamtschuldner unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld von 2.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.9.2004 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 131 EUR nebst Zinsen seit dem 12.4.2005 zu zahlen, und festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der ihm aus dem Verkehrsunfall mit dem Beklagten zu 1) am 22.8.2003 auf der Q-Straße in I noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist. Die Kosten des Rechtsstreits hat es dem Kläger zu 7/10 und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 3/10 auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, auf der Grundlage des schriftlichen HNO-ärztlichen Gutachtens des Dr. med. O. H.-M., Leitender Oberarzt der Hals-Nasen-Ohrenklinik der Universität zu L, vom 24.1.2006 (Bl. 92 ff. GA) und des schriftlichen verkehrstechnischen Gutachtens des Dr.-Ing. L.U. vom 7.9.2006 (Bl. 172 ff. GA) sei davon auszugehen, dass der Unfall über die HWS-Distorsion hinaus zu einem Larynx-Bandabriss mit bleibender Dehnung oder zu einer Verletzung der im Kehlkopf ansetzenden Muskulatur und deren Schädigung und funktionell zu einer bleibenden Beeinträchtigung in der Weise geführt habe, dass es beim Kläger zu einem verzögerten Schluckakt komme und ein häufiges Nachschlucken erforderlich sei, da der Rachen bei einmaligem Schlucken nicht vollständig von Nahrung gereinigt werde. Zu dieser Verletzung sei es dadurch gekommen, dass der Kopf des Klägers während des Unfalls kurzzeitig zwischen Kopfstütze und Dach des Fahrzeugs bei dorsal flektiertem Kopf festgesteckt habe. Unter weiterer Würdigung der Gesamtumstände, insbesondere der in dem medizinischen Gutachten dokumentierten Folgebeschwerden im Einzelnen, hat es ein Schmerzensgeld für alle unfallbedingt erlittenen Verletzungen in der Gesamthöhe von 3.500 DM für angemessen erachtet.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und begründet, soweit das LG hinter seinem erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrag auf Zahlung von Schmerzen...