Leitsatz (amtlich)
1. Die gegenüber einem Verbraucher bestehende Belehrungspflicht des § 7 Abs. 2 HOAI auf die Möglichkeit der Vereinbarung eines über oder unter dem Basishonorarsatz liegenden Honorars gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars oder Pauschalhonorars.
2. Belehrt der Architekt oder Ingenieur den Verbraucher nicht ordnungsgemäß gem. § 7 Abs. 2 HOAI über die Möglichkeit, ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln vereinbarten Werte zu vereinbaren, führt dieser Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung, sondern nur dazu, dass das Honorar nach oben durch das Honorar nach den Basishonorarsätzen der HOAI begrenzt ist.
3. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Falle eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht des § 7 Abs. 2 HOAI das vereinbarte Honorar unter dem sich aus den Basishonorarsätzen ergebenden Honorar liegt, trägt der Architekt bzw. Ingenieur.
4. Die auf das vereinbarte Honorar gestützte Klage ist nur schlüssig, wenn der Architekt oder Ingenieur neben dem vereinbarten Honorar auch das sich aus den Basishonorarsätzen ergebende Honorar schlüssig darlegt.
Normenkette
BGB §§ 631, 650g Abs. 4, § 650q Abs. 1, § 650r; HOAI § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 12 O 416/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts V. vom 06.12.2022 - 12 O 416/21 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.304,83 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte ist Eigentümerin eines Grundstücks in V. S.. Es handelt sich um ein größeres Gelände mit einem Wohnhaus und alten Gewächshäusern. Die Beklagte und ihr Lebensgefährte führten an diesem Grundstück Erdarbeiten größeren Umfangs durch. Mit Ordnungsverfügung vom 10.09.2020 ordnete die zuständige Baubehörde die Einstellung aller Arbeiten an. Hiergegen wandte sich die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht V. (zum Sachverhalt siehe im Einzelnen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2022 - 7 B 41/22 -, juris).
Unter dem 26./28.02.2021 schloss die Beklagte mit dem Kläger einen schriftlichen Architektenvertrag. In diesem Vertrag wird das Projekt wie folgt beschrieben: "Ortsbesichtigungen, Aktensichtungen, Beratungen, Abklärung der Wünsche des Auftraggebers und des Baurechts, ggfs. Bestandsaufnahme (Aufmaß), Konzeptentwicklung, grobe Vorplanung für die Erweiterung des vorhandenen Wohnhauses und möglichst weiterer Gebäude mit auch anderen Nutzungen". Es ist eine Abrechnung nach Stunden zu verschiedenen Stundensätzen (je nach Mitarbeiter) vereinbart, ferner Nebenkosten in Höhe von insgesamt 7 % (Nebenkostenpauschale 5 %, Kopier- und Versandkosten 2 %).
Mit Rechnung vom 01.07.2021 rechnete der Kläger die Tätigkeiten bis einschließlich 30.06.2021 mit insgesamt 6.304,83 EUR ab. Diesen Betrag macht er mit der Klage geltend. Er bezieht sich insoweit auf seine von ihm gefertigte minutengenaue Stundenerfassung von ihm und seinen Mitarbeitern nebst Leistungsbeschreibung.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe den Vertrag als Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB abgeschlossen. Mit dem Kläger sei als Nebensache betreffend den Rechtsstreit der Beklagten vor dem Verwaltungsgericht V. besprochen worden, dem Gericht ohne Grundstücksvermessung einen groben Überblick unter kurzer Stellungnahme zu vermitteln. Der Kläger habe dazu mitgeteilt, dass hierfür Kosten i. H. v. nur etwa 1.000,00 bis 1.500,00 EUR anfallen würden. Eine solche schriftliche Einschätzung habe sie aber nicht erhalten. Sie sei mithin gezwungen gewesen, einen anderen Architekten zu beauftragen. Die Beklagte ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach der Stundenaufstellung und Honorarforderung des Klägers entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 06.12.2022, auf das wegen des erstinstanzlichen Vorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge, der Feststellungen sowie aller weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, abgewiesen (LGA Bl. 320 ff.). Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, es sei keine wirksame Honorarvereinbarung zur Abrechnung auf Stundenbasis zustande gekommen. Die Beklagte habe den Vertrag als Verbraucherin geschlossen. In Ermangelung eines Hinweises nach § 7 Abs. 2 HOAI sei die Abrede nach § 125 BGB nichtig. Der Anspruch auf Zahlung ergebe sich auch nicht anhand des Basishonorarsatzes, denn der Vortrag des Klägers sei in Bezug auf die Abrechnung unter Zugrundelegung des Basishonorarsatzes unsubstantiiert. Dem Vortrag des Klägers sei weder eine Kostenberechnung noc...