Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Erteilung einer Datenauskunft einer Patientin gegen eine Klinik gem. Art. 15 DS-GVO umfasst über die Behandlungsdokumentation (§ 630g BGB) hinaus auch die in den Datensystemen der Krankenhausverwaltung gespeicherten personenbezogenen Daten.
2. Der Datenauskunftsanspruch der Patientin gegen die Klinik umfasst überdies auch diejenigen personenbezogenen Daten über sie, welche die Klinik mit ihren Haftpflichtversicherung und ihren Rechtsanwälten geteilt hat.
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 13. Juli 2022 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 9/22 - im Kostenpunkt, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit und insoweit abgeändert, als die Klage in Höhe von 1.461,32 EUR sowie in Höhe von 492,54 EUR als derzeit unbegründet abgewiesen worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 334,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Dezember 2021 zu zahlen. Im Übrigen werden die erstinstanzlichen Klageanträge zu 5 und 6 als endgültig unbegründet abgewiesen.
Im Übrigen werden die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 25 OH 11/19 Landgericht Köln trägt die Beklagte. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin zu 15 % und die Beklagte zu 85 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 75 % und die Beklagte zu 25 %.
Dieses Urteil und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Köln sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Nach einer Behandlung der minderjährigen Klägerin im Krankenhaus der Beklagten wurde den Eltern der Klägerin eine auf Röntgenaufnahmen erkennbare und auch im Röntgenbefundbericht dokumentierte mehrfache Fraktur des rechten Fußes nicht mitgeteilt. Aus diesem Grund erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in deren Namen mit Schreiben vom 16. Juli 2019 Haftungsvorwürfe gegen die Beklagte und bat um Überlassung einer vollständigen Datenauskunft gemäß Art. 15 DSGVO einschließlich einer Kopie der Behandlungsdokumentation. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 9. Oktober 2019 leitete die Klägerin ein selbständiges Beweisverfahren ein, in dem die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Februar 2020 die vollständige Behandlungsdokumentation vorlegte.
Mit ihrer vorliegenden Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Datenauskunft, zur Zahlung angemessener Schmerzensgelder wegen der angeblichen Fehlbehandlung einerseits und der Nichterteilung einer Datenauskunft andererseits und zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt; ferner hat sie wegen der angeblichen Fehlbehandlung die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich weiterer Schäden begehrt. Das Landgericht hat den Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen der Nichterteilung einer Datenauskunft als unbegründet und die Anträge auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten als derzeit unbegründet abgewiesen. Im Übrigen hat es der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre erstinstanzlichen Anträge im Umfang der Klageabweisung weiterverfolgt. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung den Antrag auf Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Datenauskunft weiter.
II. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg, soweit die Klägerin den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR nebst Zinsen weiterverfolgt. Im Übrigen haben die Berufung der Klägerin und die in eine Anschlussberufung umzudeutende Berufung der Beklagten keinen Erfolg.
1. Den erstinstanzlichen Klageantrag zu 11, den die Klägerin mit ihrem Berufungsantrag zu 1 weiterverfolgt, hat das Landgericht zu Recht abgewiesen. Es hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht zusteht. Zwar hat der Senat entschieden, dass Verstöße gegen Auskunftspflichten aus Art. 15 DSGVO Grundlage für einen Ersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO sein können (Urteil vom 14. Juli 2022 - 15 U 137/21, NJW-RR 2023, 564 Rn. 14). Das Landgericht hat aber zutreffend ausgeführt, dass im Streitfall - anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil vom 14. Juli 2022 zugrunde lag (vgl. NJW-RR 2023, 564 Rn. 15) - jeglicher nachvollziehbare Vortrag dazu fehlt, dass der Klägerin ein immaterieller Schaden entstanden ist. Ein solcher Vortrag ist auch nicht entbehrlich. Denn der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 4. Mai 2023 - C-300/21 - entschieden, dass der bloße Verstoß gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung nicht ausreicht, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Vielmehr muss die von einem Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung betroffene Person nachweisen, dass der Verstoß für sie negative Folgen gehabt hat und diese Folgen einen immate...