rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Grundstückskaufrecht hinsichtlich Erschließungsbeiträgen
Leitsatz (amtlich)
Die notariell beurkundete Vereinbarung in einem Grundstücksvertrag, Erschließungsbeiträge nach BBauG oder BauGB und sonstige Anliegerkosten (Ausbau- und Anschlußbeiträge sowie Kostenersatz für Haus- oder Grundstücksanschlüsse) trägt der Verkäufer, soweit ihm bis zum gestrigen Tage dazu ein Heranziehungsbescheid zugegangen ist. Im übrigen leistet er dem Käufer Gewähr dafür, daß der derzeitige tatsächliche Erschließungszustand abgerechnet und bezahlt ist. „Alle übrigen Anliegerkosten trägt der Käufer.” ist dahin auszulegen, daß sich der Verkäufer verpflichtet hat, den Käufer von Erschließungsbeiträgen freizustellen, die für vor Vertragsschluß bereits tatsächlich fertiggestellte Erschließungsmaßnahmen erst nach Vertragsschluß erhoben werden.
Normenkette
BGB § 157
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 07.05.1997; Aktenzeichen 25 O 387/96) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. Mai 1997 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 387/96 – wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegten sowie prozeßordnungsgemäß begründeten Berufungen sind sachlich nicht gerechtfertigt. Das angefochtene Urteil ist richtig. Der Senat macht sich dessen Begründung zu eigen und nimmt darauf Bezug, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden (§ 543 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsvorbringen gibt lediglich zu den folgenden ergänzenden Ausführungen Anlaß.
Das Landgericht hat Ziffer III. Nr. 6 des notariellen Kaufvertrags vom 5. Juli 1990 zutreffend dahin ausgelegt, daß sich die Beklagten darin verpflichtet haben, die Kläger von Erschließungsbeiträgen freizustellen, die für vor Vertragsschluß bereits tatsächlich fertiggestellte Erschließungsmaßnahmen erst nach Vertragsschluß erhoben werden. Wortlaut und Sinn der Klausel können schlechterdings nicht anders verstanden werden. Die „Gewährleistung” bezieht sich ausdrücklich darauf, daß der „derzeitige” (also zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) tatsächliche Erschließungszustand (also der greifbar sichtbar vorhandene fertiggestellte bauliche Zustand) abgerechnet und bezahlt ist. Auf die rechtlichen Voraussetzungen für die Heranziehung der Anlieger nach den Vorschriften des Baugesetzbuches sollte es gerade nicht ankommen. Die Freistellungsverpflichtung ergibt sich unzweifelhaft aus Abs. 3 der Klausel.
Das Landgericht hat es mit Recht abgelehnt, eine Beweisaufnahme über Sinn und Tragweite der eindeutigen Regelung durchzuführen. Die angebotene Parteivernehmung des Beklagten zu 2) kam wegen § 445 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht, weil nach dieser Vorschrift nur die Vernehmung des klagenden Ehemannes hätte beantragt werden können, denn die Beklagten sind dafür beweisbelastet, daß der Klausel ein anderer Sinn zukommt, als sich aus dem Wortlaut ergibt. Die durch das Zeugnis der Frau D. P. unter Beweis gestellte Behauptung, der Beklagte zu 2) habe bei Abfassung der notariellen Urkunde versichert, es würden „keinerlei Altschulden mehr auf dem Grundstück lasten” (Blatt 83 d. A.), ist unerheblich. Darum geht es bei der „Gewährsübernahme” nicht. Die Kläger wollten nach dem offensichtlichen Sinn der Regelung sicher gehen, daß sie nicht später, aus welchen Gründen auch immer, mit Kosten für bereits fertiggestellte Baumaßnahmen (Erschließungsmaßnahmen) der öffentlichen Hand belastet würden. Falls die Übernahme einer bereits entstandenen Beitragspflicht von der Klausel ausgeschlossen gewesen sein sollte, wäre sie im übrigen im wesentlichen sinnlos, denn nach §§ 127 ff. BauGB entsteht die Beitragspflicht bereits mit Fertigstellung der Anlagen bzw. deren Teilfertigstellung.
Die Ansprüche sind auch nicht verjährt. § 477 BGB ist nicht einschlägig, weil es nicht um Rechte wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft geht, sondern um die Erfüllung eines Garantieversprechens, wie das Landgericht unter Bezugnahme auf BGH-Rechtsprechung zutreffend ausgeführt hat.
Der Beklagte zu 2) macht schließlich ohne Erfolg geltend, die Heranziehungsbescheide seien rechtswidrig. Nach Abs. 3 der Klausel haben sich die Beklagten zur Freistellung verpflichtet, falls die Kläger zur Zahlung von Anliegerkosten herangezogen würden. Auf die Rechtmäßigkeit des Heranziehungsbescheids sollte es danach nicht ankommen. Den Klägern war es abgesehen davon auch nicht zuzumuten, gegen die Verwaltungsakte Rechtsbehelfe einzulegen, weil sie keinen Grund hatten, an deren Rechtmäßigkeit zu zweifeln (vgl. dazu BGHZ 90, 32; NJW-RR 91, 1459). Es wäre Sache der Beklagten, die innerhalb der Widerspruchsfrist unter Vorlage der Heranziehungsbescheide über den Sachverhalt informiert worden sind, gewesen, die Kläger unter Darlegung der Gründe und Erklärung ihrer Bereitschaft zur Kostenübernahme aufzufordern, Widerspruch einzulegen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97...