Entscheidungsstichwort (Thema)
"Umweltprämie sei Dank"
Leitsatz (amtlich)
1. Der Endpreis wird nicht i.S.d. § 1 Abs. 6 PAngV "hervorgehoben", wenn der sich nach dem rechnerischen Abzug einer erwarteten staatlichen Vergünstigung ergebende reduzierte Preis im Blickfang in Fettschrift genannt wird, während der vertragsrechtlich maßgebende Endpreis sich nur in kleiner Schrift bei der Sternchen-Auflösung findet.
2. Einer wettbewerbsrechtlichen Sanktionierung dieses Verstoßes über § 4 Nr. 11 UWG stehen keine europarechtlichen Vorschriften entgegen.
Normenkette
PAngV § 1 Abs. 1, 6; UWG § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11; UGP-RiLi 2005/29/EG Art. 5 Abs. 2; PreisangabenRiLi 98/6/EG Art. 2 lit. a; PreisangabenRiLi 98/6/EG Art. 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 08.05.2009; Aktenzeichen 81 O 35/09) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 8.5.2009 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Köln (81 O 35/09) wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegnerin werden auch die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Gründe
I. Der Antragsteller hat beim LG im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin erwirkt, durch welche dieser angesichts eines Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. der Preisangabenverordnung untersagt worden war, wie nachstehend wiedergegeben ein Kraftfahrzeug mit der Ankündigung:
"z.B. Renault Twingo
jetzt schon ab:
5.990 EUR*"
zu bewerben:
Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das LG die Verfügung mit dem angegriffenen Urteil bestätigt.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren, den Verfügungsantrag zurückzuweisen, weiter. Der Antragsteller verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die Berufung der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 PAngV muss bei einer Werbung unter Angabe von Preisen der Endpreis angegeben werden. Dabei müssen gem. § 1 Abs. 6 PAngV die Angaben den Grundsätzen der Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen und im Falle der Aufgliederung von Preisen die Endpreise hervorgehoben werden. Diesen Anforderungen genügt die beanstandete Werbung nicht.
Der Endpreis beträgt im Streitfall mindestens 8.490 EUR, denn er umfasst den - besonders hervorgehobenen - Preisbestandteil von 5.990 EUR und die Abwrackprämie i.H.v. 2.500 EUR. Die Antragsgegnerin hat nämlich einen Anspruch gegen den Kunden auf Zahlung des gesamten, nicht um die Abwrackprämie gekürzten Kaufpreises. Liegen die Voraussetzungen für die Zahlung der Abwrackprämie vor, so reduziert sich nicht der an die Antragsgegnerin zu zahlende Kaufpreis, sondern der Kunde erhält einen Anspruch gegen den Staat auf Auszahlung der Prämie.
Der Endpreis von 8.490 EUR ist in der Anzeige zwar bei Auflösung des Sternchenhinweises in kleiner Schrift in deren unterem Teil genannt. Er verschwindet aber visuell hinter dem im Blickfang fett gedruckten Preis von 5.990 EUR; er ist zweifelsfrei nicht i.S.d. § 1 Abs. 6 PAngV "hervorgehoben". Damit steht der Verstoß gegen die Preisangabenverordnung fest, ohne dass es noch darauf ankommt, ob bei der Bildung des Endpreises - was die Antragstellerin nicht eigens angegriffen hat - auch noch die für Transport und Bereitstellung anfallenden Teilkosten i.H.v. 540 EUR mit hätten eingerechnet werden müssen (vgl. insoweit BGH GRUR 1983, 443, 445 - "Kfz-Endpreis").
2. Die Bestimmungen der Preisangabenverordnung sind im Interesse der Marktteilnehmer dazu bestimmt, das Marktverhalten zu regeln (ständige Rechtsprechung seit BGH GRUR 2004, 435 - "FrühlingsgeFlüge").
3. Die demnach unlautere Werbeanzeige stellt auch eine unzulässige geschäftliche Handlung i.S.d. § 3 Abs. 1 UWG dar. Sie ist nämlich geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Der durchschnittlich aufmerksame Leser der Anzeige wird durch deren Gestaltung allerdings darüber ins Bild gesetzt, dass der hervorgehobene "Kaufpreis" von 5.990 EUR seinen Grund in der Existenz der Umweltprämie hat. Er wird - davon geht der Senat aus - angesichts des lebhaften Interesses, dass die Umweltprämie in den Veröffentlichungen in sämtlichen Medien im ersten Halbjahr 2009 gefunden hat, wissen, dass diese Prämie vom Staat aus Konjunkturgründen zur Verfügung gestellt wird und grundsätzlich nicht den Kaufpreis mindert, sondern dem Käufer vom Staat zur Verfügung gestellt wird. Gleichwohl ist die Anzeige geeignet, bei einem relevanten Teil der Verbraucher die (Fehl-)Vorstellung hervorzurufen, dass der Verkäufer das von ihm als gering angesehene Risiko, dass die Abwrackprämie gezahlt wird, dem Käufer abnimmt und deshalb der vom Käufer zu zahlende Preis auf 5.990 EUR begrenzt worden ist. Das liegt zum Einen deshalb nahe, weil der reduzierte Preis im Blickfang besonders hervorgehoben wird, während der Ausgangspreis von 8.490 EUR im weiteren Verlauf des kleingeschriebenen Textes nur versteckt aufgefunden werden kann. Selbst dieser Text bei der Auflösung des Sternchenhinweises nährt das durch die Blickfangwerbung aufgekommene Missverständnis aber weiter, indem dort eine Rechenoperation vorgestellt w...