Entscheidungsstichwort (Thema)

Internationale Zuständigkeit bei einer Widerklage - Verjährung und Aufrechnung nach italienischem Recht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine rügelose Einlassung i.S.d. Art. 24 EuGVVO kann auch bei einer Widerklage die internationale Zuständigkeit begründen.

2. Ist ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus Art. 74 CISG nach dem ergänzend anzuwendenden italienischen Recht verjährt, erlaubt Art. 1495 Abs. 3 codice civile nur die einredeweise Geltendmachung des Anspruchs ggü. einer Kaufpreisforderung aus gerade diesem Vertrag. Gegenüber einer (Wider-)Klage des Verkäufers auf Zahlung des Kaufpreises aus einem anderen zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, kann der Käufer mit dem verjährten Schadensersatzanspruch weder aufrechnen, noch eröffnet die (Wider-)Klage für ihn die Möglichkeit zur selbständigen Geltendmachung des Anspruchs.

3. Zur Verjährungsunterbrechung und zur Aufrechnung nach italienischem Recht.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 24; CISG Art. 7 Abs. 2, Art. 74; codice-civile Art. 1495 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 14.01.2005; Aktenzeichen 5 O 435/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.1.2005 verkündete Urteil des LG Köln (5 O 435/03) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 12.117,82 EUR nebst 3,5, % Zinsen seit dem 10.6.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger bezog von der Beklagten, einer italienischen Textillieferantin, im Juli 2002 500 m Wollstoff für Hosen, Sakkos und Röcke. Der Kläger beauftragte mit der Weiterverarbeitung einen Betrieb in Österreich. Während der Verarbeitung ergab sich, dass nicht behebbare Knitterfalten auftraten. Dies rügte der Kläger der Beklagten ggü. durch Schreiben vom 26.7.2002. In der Folge lieferte er die fertigen Kleidungsstücke dennoch an seine Abnehmer, die sie jedoch mit Rücksicht auf die Mängel zurückgaben.

Der Kläger beglich weder die Rechnung für diese Stofflieferung i.H.v. 6.907,67 EUR noch für eine weitere - einwandfreie - Lieferung vom 10.6.2002, die Gegenstand einer auf den gleichen Tag datierenden Rechnung über 12.117,82 EUR ist.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, aus dem wegen der Mängel der Lieferung gescheiterten Weiterverkauf sei ihm ein Schaden i.H.v. insgesamt 26.624,07 EUR entstanden. Einen Teilbetrag davon i.H.v. 3.305,56 EUR aus seinen Geschäftsbeziehungen zu den Ankäufern P. und M. hat er - nach teilweiser Klagerücknahme - mit der Klage geltend gemacht. Die Beklagte ihrerseits hat die behaupteten Mängel bestritten, die Einrede der Verjährung erhoben und den unstreitig offenen Betrag aus der Rechnung vom 10.6.2002 i.H.v. 12.117,82 EUR im Wege der Widerklage verlangt.

Das LG hat die Beklagte - unter Anwendung italienischen Rechts - mit der Begründung antragsgemäß verurteilt, dass sie der vom Kläger erhobenen Behauptung einer mangelhaften Leistung nicht substantiiert entgegengetreten sei und auch den vom Kläger behaupteten, in Gestalt entgangenen Gewinns aufgetretenen Schaden nicht ausreichend bestritten habe. Die Verjährung des Anspruchs des Klägers sei nicht eingetreten, weil der auf Durchführung des Vertrages verklagte Käufer Gewährleistungsansprüche immer geltend machen könne, sofern er den Mangel der Sache - wie der Kläger im vorliegenden Fall - rechtzeitig angezeigt habe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie sich darauf beruft, dass das LG die Forderung des Klägers zu Unrecht für durchsetzbar erachtet und ihre Einwendungen hinsichtlich des Schadens fälschlicherweise unberücksichtigt gelassen habe. Die Forderung des Klägers sei nämlich nach dem hier anwendbaren italienischen Recht verjährt; die vom LG zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung herangezogene Vorschrift des Art. 1495 codice civile (CC) greife nur ein, wenn der Verkäufer den Käufer auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nehme, nicht aber, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Käufer selbst Gewährleistungsansprüche geltend mache.

Die Beklagte beantragt demgemäß, die Klage unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen und den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an sie 12.117,82 EUR nebst 3,5 % Zinsen seit dem 10.6.2002 zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und ist insb. der Auffassung, dass das LG zu Recht davon ausgegangen sei, dass die Klageforderung nicht verjährt sei. Das ergebe sich zum einen aus Art. 1495 Abs. 3 CC, der bei richtigem Verständnis nicht nur bei einer Zahlungsklage des Verkäufers aus derselben Bestellung, sondern, zumindest im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung, auch bei einer - hier mit der Widerklage erhobenen - Klage aus einer Parallelbestellung Anwendung finde. Zudem sei die Verjährung auch durch die Übersendung der Gerichtsstandsvereinbarung vom 29.11./2.12.2002, die als Mahnung aufzufassen sei, unterbrochen worden und zuvor - mit Rücksicht auf die bis z...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?