Leitsatz (amtlich)

Nach italienischem Recht ist eine Aufrechnung nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich, insb. nur dann, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nach Grund und Höhe feststeht oder leicht und schnell festzustellen ist.

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 09.03.2004; Aktenzeichen 8 O 206/03 KfH2)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Ravensburg - Kammer für Handelssachen - v. 9.3.2004 - 8 O 206/03 KfH 2, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 172.309,67 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zahlung einer Lieferung von Dekorationspapieren einerseits und der Möglichkeit einer Geltendmachung von Gegenansprüchen aus einem Handelsvertretervertrag andererseits.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft italienischen Rechts und stellt Dekorationspapier her, die Beklagte vertreibt Dekorationspapier. Im Jahr 2000 lieferte die Klägerin Waren im Gesamtrechnungsbetrag von 186.422,14 Euro an die Beklagte. Diese Lieferungen sind Gegenstand der Klage. Am 22.2.1996 vereinbarten die Parteien einen Handelsvertretervertrag. Danach wurde der Beklagten - mit einer Ausnahme - die ausschließliche Handelsvertretung für Deutschland übertragen. Für unterschiedliche Produkte wurden verschiedene Provisionshöhen vereinbart. Einen restlichen Provisionsanspruch aus diesem Handelsvertretervertrag zugunsten der Beklagten verrechnet die Klägerin.

Die Beklagte hat die Klägerin am 26.3.2002 zu einer Abrechnung der Provisionen aufgefordert; eine solche Abrechnung ist nach Auffassung der Beklagten bis heute nicht in ausreichender Form vorgelegt. In dem Handelsvertretervertrag ist die Geltung deutschen Handelsrechts vereinbart und als Gerichtsort das Gericht in Mailand/Italien bestimmt.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Lieferungen mangelfrei gewesen seien, der von der Beklagten errechnete Provisionsanspruch nicht bestehe, sie im Übrigen die internationale Zuständigkeit des Gerichts zur Entscheidung über die Aufrechnungsforderung rüge.

Die Beklagte hat die Lieferungen als nicht ordnungsgemäß bestritten. Ihr stünden Provisonsansprüche aus dem Handelsvertretervertrag in die Klageforderung übersteigender Höhe zu, mit welchen sie aufrechne. Im Übrigen stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht wegen der nicht erfolgten Abrechnung zu.

Wegen des Weiteren Sachvortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien in erster Instanz samt Anlagen sowie auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 101/102 d.A.) ergänzend Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass sich der Anspruch aus Art. 53 CISG ergebe und die Ordnungsgemäßheit der Lieferung nicht mehr bestritten werden könne. Die Frage der Zuständigkeit für die Aufrechnungsforderung hat das LG offen gelassen, weil der Vortrag der Beklagten zu ihren Provisonsansprüchen nicht nachvollziehbar sei.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, welche im Wesentlichen geltend macht, dass das Urteil überraschend sei, da keine Beweisaufnahme erfolgt sei, die Parteien kein Verrechnungsverbot vereinbart hätten, sondern im Gegenteil eine Verrechnungsvereinbarung und das LG das ihr zustehende Zurückbehaltungsrecht übergangen habe. Ihr stünden Provisionen i.H.v. insgesamt 764.000 Euro zu, sie habe jedoch nur 424.750 Euro erhalten. Mit dem verbleibenden Betrag von 339.249,60 Euro rechne sie gegen die Klageforderung auf.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Ravensburg - Kammer für Handelssachen - v. 9.3.2004 - 8 O 206/2003 KfH 2, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des Weiteren Sachvortrages in 2. Instanz wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig aber unbegründet.

I. Zuständigkeit:

Die internationale Zuständigkeit ist auch vom Berufungsgericht zu prüfen; § 513 Abs. 2 ZPO bezieht sich nicht auf die internationale Zuständigkeit (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248 = NJW 2003, 426). Maßgeblich für die mit Mahnbescheid v. 15.8.2003 eingeleitete Klage ist die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung in Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO), hier Art. 2 Abs. 1, 60 Abs. 1. Danach ist abzustellen auf den Wohnort des Beklagten, bei juristischen Personen nach Art. 60 Abs. 1a EuGVVO auf deren satzungsgemäßen Sitz. Für die Klage gegen die in Leutkirch ansässige Beklagte sind danach die deutschen Gericht international zuständig.

II. Anspruch der Klägerin:

A. Auf das Vertragsverhältnis der Parteien bez...

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