Leitsatz (amtlich)
Die nach außen hervorgetretene Zugehörigkeit eines Kunden zur rechtsextremen Szene kann einen wichtigen Grund zur Kündigung der Geschäftsbeziehung nach Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen darstellen. Auf Umstände, die der Sparkasse bereits bei Kontoeröffnung und späterer Einräumung eines Dispositionskredits bekannt waren, kann die Kündigung jedoch nicht gestützt werden.
§ 5 Abs. 2 SpkVO NW differenziert nicht zwischen Privat- und Geschäftskonten einer natürlichen Person, verpflichtet die Sparkasse jedoch nicht zur Führung mehrerer Girokonten.
Normenkette
BGB §§ 627, 675; AGB-Sparkassen Nr. 26 Abs. 2; SpkVO NW § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 3 O 680/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Köln vom 11.12.2001 – 3 O 680/01 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird aufgegeben, das bei ihr unter der Nummer eingerichtete Girokonto des Verfügungsklägers zu den bisherigen Bedingungen weiterzuführen, längstens jedoch bis zur Entscheidung in einem Hauptsacheprozess über die Wirksamkeit der durch die Verfügungsbeklagte erklärten Kündigungen. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Soweit es um das sog. Privatgirokonto Nr. geht, hat das LG in dem angefochtenen Urteil zu Recht sowohl einen Verfügungsanspruch des Verfügungsklägers als auch einen Verfügungsgrund bejaht. Hinsichtlich des sog. Geschäftsgirokontos Nr. hat die Verfügungsbeklagte dagegen eine wirksame Kündigung glaubhaft gemacht.
Kündigung des sog. Privatgirokontos Nr. …
1. Die Beklagte war nicht nach Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen berechtigt, die gesamte Geschäftsverbindung und damit das Privatgirokonto des Klägers fristlos zu kündigen. Die – gleichlautenden – fristlosen Kündigungen vom 30.11. und 3.12.2001 waren insoweit unwirksam, weil es an einem wichtigen Grund i.S.v. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen fehlt, aufgrund dessen der Beklagten die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann. Auf das als Kündigungsgrund angeführte (Bl. 49, 53, 197, 199) rechtsradikale Verhalten des Klägers und den Vertrieb der von ihm mit rechtsextremem Inhalt herausgegebenen Zeitschrift „S.” über das Geschäftsgirokonto kann sich die Beklagte nicht berufen.
a) Es kann offen bleiben und damit für die Entscheidung des Rechtsstreits unterstellt werden, dass der Verfügungskläger und die von ihm herausgegebene Zeitschrift „S.” – worauf auch der vorgelegte Verfassungsschutzbericht 1998 (Bl. 40 f. GA) und der Zwischenbericht des Innenministeriums NRW 2001 (Bl. 42 ff. GA) hindeuten – der rechtsextremen Szene (sog. Neue Rechte) zuzuordnen sind. Die nach außen hervorgetretene Zugehörigkeit eines Kunden zur rechtsextremen Szene, wie sie insb. durch die Verbreitung entspr. Publikationen dokumentiert wird, kann nach Auffassung des Senats auch einen wichtigen Grund zur Kündigung der Geschäftsbeziehung gem. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen darstellen. Die Unterhaltung einer Geschäftsverbindung zu solchen Personen begründet den äußeren Anschein, die Verfolgung rechtsradikaler Ziele zu unterstützen oder zu billigen und bedeutet damit für eine Sparkasse zumindest die Gefahr einer Rufschädigung, die sie als öffentlich-rechtliches Kreditinstitut bei Abwägung der beiderseitigen Interessen grundsätzlich nicht hinzunehmen braucht.
Dass nach einer in der Lit. vertretenen Auffassung angesichts der beispielhaft in Nr. 26 Abs. 2 S. 3 AGB-Sparkassen angeführten Kündigungsgründe nur solche Umstände als wichtiger Grund gelten sollen, die die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden oder die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Sparkasse gefährden (so wohl Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 24 Rz. 62 a.E.; Westermann WM 1993, 1865 [1874]), lässt sich dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen: Danach ist für die Sparkasse ein solcher Kündigungsgrund „insb.” bei Eintritt eines der vorgenannten Gefährdungstatbestände gegeben. Es können daher auch andere Umstände eine fristlose Kündigung rechtfertigen, sofern sie nur die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung für die Sparkasse unzumutbar machen.
b) Die vorstehenden Gesichtspunkte bedürfen jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Die Verfügungsbeklagte war jedenfalls deshalb nicht zur fristlosen Kündigung berechtigt, weil sie nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihr die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit dem Verfügungskläger unzumutbar ist:
Der Verfügungskläger unterhielt unstreitig bereits von 1987 bis Anfang 1997 ein Girokonto bei der Verfügungsbeklagten. Diese Geschäftsbeziehung wurde von der Verfügungsbeklagten im Januar 1997 unter Hinweis auf einen Missbrauch des Kontos – nämlich den Vertrieb seiner damals unter dem Titel „E. v.” herausgegebenen Zeitsc...