Verfahrensgang

LG Aachen (Entscheidung vom 09.11.1989; Aktenzeichen 8 O 68/88)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 9. November 1989 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen (8 O 68/88) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 30.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14. Dezember 1987, abzüglich am 23. März 1988 gezahlter 5.000 DM zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zukünftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Verkehrsunfallereignis vom 8. Dezember 1987 zu ersetzen, soweit der Schadensersatzanspruch nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist.

Die Anschlussberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Anschlussberufung des Beklagten ist nicht begründet, während auf die Berufung der Klägerin ein um 7.500 DM höheres Schmerzensgeld zuzuerkennen ist.

Die Angriffe der Anschlussberufung zum Anspruchsgrund gehen fehl. Es kann dabei unentschieden bleiben, ob die Klägerin den Nachweis geführt hat, dass der Unfall für sie ein unabwendbares Ereignis i.S. von § 7 Abs. 2 StVG gewesen ist, wofür das sorgfältig begründete Gutachten des Sachverständigen xxx spricht, oder ob ihr mit dem Beklagten jedenfalls angelastet werden muss, dass sie die Verkehrssituation falsch eingeschätzt und mit einer unklaren Verkehrslage nicht gerechnet hat. Selbst wenn man zu Lasten der Klägerin von einer ihr unklaren Verkehrslage ausgehen wollte, wäre ihr Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls so gering, dass es hinter dem grob verkehrswidrigen, alle sich aufdrängenden Sicherungsmaßnahmen außer Acht lassenden Verhalten des niederländischen Lkw-Fahrers zurückträte. Er hat sich nämlich über auf der Hand liegende Bedenken hinweggesetzt, bei Dunkelheit auf dem Parkplatz gewendet und ist sogleich - ohne anzuhalten, ohne Einweiser und ohne Benutzung der Warnblinkanlage - in Gegenrichtung auf die Kreisstaße eingebogen, wobei er für mehrere Sekunden die gesamte Straßenbreite für den Verkehr in beiden Richtungen sperrte. Dass er mit besonderer Vorsicht wieder eingebogen sei, insbesondere am Straßenrand vor dem Einbiegen angehalten hätte, behauptet der Beklagte selbst nicht. Ebenso steht fest, dass ein Einweiser nicht zur Verfügung stand, weil der Fahrer offenbar allein fuhr. Die Warnblinkanlage ist zwar in Betrieb gesetzt worden, dies geschah jedoch nach der überzeugenden Aussage des aus der Gegenrichtung herannahenden Zeugen xxx erst, als es bereits zu dem Aufprall der Klägerin auf den Aufleger gekommen war. Gerade die Nichtbenutzung dieser Warneinrichtung gereicht dem Lkw-Fahrer zu besonderem Verschulden, weil er anderenfalls der Klägerin den vom Sachverständigen geschilderten, gut nachvollziehbaren trügerischen Glauben genommen hätte, dass das Fahrzeug, dessen Scheinwerfer sie auf ihrer Gegenfahrbahn wahrnahm, bereits vollständig ihren Fahrstreifen verlassen hatte.

Wesen der besonderen Situation, dass der Aufleger in der Dunkelheit nicht zu erkennen war und der Klägerin der Eindruck vermittelt wurde, der herannahende Wagen befinde sich bereits auf der anderen Straßenseite, verweist der Beklagte vergebens auf die Pflicht des Kraftwagenführers, mit am Straßenrand abgestellten anderen Fahrzeugen rechnen zu müssen; beide Fälle sind unvergleichbar.

Nicht gegen die Klägerin spricht entgegen der Meinung des Beklagten, dass der Zeuge xxx, welcher aus der Gegenrichtung die Kreisstraße befuhr, sein Fahrzeug gerade noch rechtzeitig zum Stehen bringen konnte. Denn er befand sich in einer gänzlich anderen Verkehrssituation als die Klägerin. Sie hatte keinen Anlass anzunehmen, dass der ihr mit normaler Beleuchtung entgegenkommende Lkw gerade gewendet hatte und mit seinem sich gegen den dunklen Hintergrund nicht abhebenden Anhänger die gesamte Fahrbahn versperrte; der Zeuge xxx dagegen konnte nicht in dem Glauben sein, seine Fahrbahn sei frei, zumal er in eine für ihn nicht einsehbare Rechtskurve hineinfuhr und mit Hindernissen auf seiner Fahrbahn rechnen musste. Für ihn waren auch die Lichtverhältnisse ganz andere, was der Zeuge plastisch damit beschrieben hat, dass er vor sich plötzlich eine vor dem dunklen Hintergrund aufragende noch dunklere Wand gesehen habe.

Soweit der Beklagte im Übrigen Mitverschuldensvorwürfe erhebt, ist ihm nicht zu folgen. Nach dem ergänzenden Sachverständigengutachten steht fest, dass die mit Abblendlicht fahrende Klägerin nicht schneller gefahren ist, als die von ihr übersehbare Strecke lang war. Eine Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h ist nicht bewiesen. Nach den nachvollziehbaren und eingehend begründeten Ausführungen des Sachverständigen xxx lässt sich anhand der festgestellten Schäden und Verformungen des von der Klägerin ge...

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