Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationaler Straßengüterverkehr: Gesetzliche Vermutung über die Anzahl der übernommenen Frachtstücke; Qualifiziertes Verschulden des Frachtführers bei unsubstantiiertem Vortrag über Sicherheitsvorkehrungen
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 21.05.2014; Aktenzeichen 83 O 83/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.05.2014 verkündete Urteil des LG Köln - 83 O 83/13 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin trägt diese selbst
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz für den Verlust von Tonern während eines von der Beklagten durchgeführten Transports von E in Frankreich nach C am 27./28.02.2013 in Höhe von 28.039,- EUR.
Das LG hat durch Urteil vom 21.05.2014 - 83 O 83/13 -, auf das wegen der Sachverhaltsdarstellung im Übrigen Bezug genommen wird, die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 28.039,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2013 verurteilt und eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der streitgegenständlichen Toner nach Art 17 I, Art 29 CMR bejaht. Zur Begründung wird ausgeführt, die Aktivlegitimation der Klägerin sei aufgrund konkludenter Abtretung der streitgegenständliche Ansprüche durch Übersendung der Schadensunterlagen an diese gegeben. Der Abschluss eines Beförderungsvertrags zwischen den Parteien, auf den die Vorschriften der CMR Anwendungen fänden, sei aufgrund der vorgelegten Unterlagen dargelegt und die geschuldete Beförderung ergebe sich aus den CMR-Frachtbriefen, wobei die Beklagte die Beauftragung zu fixen Kosten von 677,25 EUR nicht substantiiert bestritten habe. Aufgrund der Vorlage der unterzeichneten CMR-Frachtbriefe sei gem. Art 9 II CMR davon auszugehen, dass die übernommenen Frachtstücke nach Anzahl, Zeichen und Nummern mit den darin gemachten Angaben übereinstimmten, was durch die bloße Behauptung der Beklagten, der Fahrer habe die Verladung der Güter nicht überwachen bzw. kontrollieren können, nicht widerlegt sei. Soweit deswegen von einer vollständigen Übernahme der zu transportierenden Ware durch die Beklagte zum Transport auszugehen sei, könne der entstandene Schaden anhand der als Anlagen K 1 und K 4-6 vorgelegten Unterlagen eindeutig ermittelt werden. Hinsichtlich der Höhe ihrer Haftung könne sich die Beklagte aufgrund des ihr zurechenbaren leichtfertigen Verhaltens des Fahrers der Streithelferin i.S.d. Art 29 CMR weder auf ein unvermeidbares Ereignis i.S.d. Art 17 II CMR noch auf die Haftungshöchstgrenzen des Art 23 CMR berufen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wendet ein, das LG habe zu Unrecht die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Für einen konkludenten rechtsgeschäftlichen Forderungsübergang fehle es an der Übersendung der Schadensunterlagen zum Zweck der Prozessführung. Ein rechtsgeschäftlicher Forderungsübergang durch Abtretung ergebe sich weder aus dem als Anlage 15 vorgelegten Schreiben, weil sie - die Beklagte - nicht in vertraglichen Beziehungen zur Fa. U GmbH O gestanden habe, noch aus dem als Anlage 14 vorgelegten Schreiben, weil deren Bezug zu dem in Rede stehenden Transport zweifelhaft sei.
Ebenso wenig lägen die Voraussetzungen für eine begrenzte Regelhaftung ihrerseits gem. Art. 17 I, 23 III CMR noch für eine summenmäßig unbeschränkte Haftung gem. Art 29 CMR i.V.m. § 435 HGB vor.
Bei der Annahme der vollzähligen Übernahme des Frachtguts durch sie bzw. die Streithelferin habe das LG ihren erstinstanzlichen erheblichen Vortrag, der Fahrer habe die Verladung der Güter nicht überwachen bzw. kontrollieren können, weil er sich nicht in der Lagerhalle habe aufhalten dürfen, der für unzugänglich am Verladetor in Frankreich angedockte Lkw binnen 15 Minuten in schneller Ladefolge beladen worden sei und ihm - wie in der Praxis üblich - die Vornahme eines Unbekannt-Vermerks verwehrt gewesen sei, zu Unrecht als fragwürdige Spekulation angesehen und ohne Beweisaufnahme ebenso übergangen, wie ihr Vorbringen, dass sie selbst als reiner sog. "Sofaspediteur" aus einer Wahrnehmung keine Einzelheiten zu den Vorgängen bei Übernahme des Transportgutes zum Transport habe vortragen können. Damit habe das LG gegen seine Hinweispflicht verstoßen und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Daraus, dass es während des Transports zu Manipulationen am Lkw gekommen sei, folge nicht zwingend, dass ein Teil der Ladung gestohlen worden sei. Ein Teilverlust wäre erst bei Führung des Vollbeweises durc...