Leitsatz (amtlich)

Die Bezeichnung der Bezugsberechtigung (§ 166 Abs. 1 VVG) "gesetzliche Erbfolge" ist mangels anderer Anhaltspunkte dahin auszulegen, dass damit die gesetzlichen Erben (nicht Testamentserben) gemeint sind.

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 10.11.2003; Aktenzeichen 9 O 136/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.11.2003 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bonn - 9 O 136/03 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung aus der von ihrem verstorbenen Ehemann im Jahr 1990 bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherung. Sie ist zwar aufgrund Testaments Alleinerbin ihres Mannes geworden; ihrem Anspruch steht jedoch entgegen, dass als Bezugsberechtigte von ihrem verstorbenen Ehemann die gesetzlichen Erben verfügt worden sind mit der Folge, dass die zum Todeszeitpunkt lebenden Schwestern des Ehemannes als gesetzliche Erben bezugsberechtigt sind und sie, die Klägerin, als Testamentserbin ausgeschlossen ist.

Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die in der Spalte "Bezugsrecht" erfolgte Eintragung im Versicherungsantrag, wonach im Falle des Todes der versicherten Person die "gesetzl. Erbfolge" gelte, mit Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers Herrn V nachträglich durch den Zeugen I vorgenommen worden ist. Dieser hat bei seiner Vernehmung ausführlich seine damalige Tätigkeit für die Beklagte beschrieben, die insb. darin bestand, ihm zugeleitete, nicht vollständig ausgefüllte Versicherungsanträge nachzubearbeiten. Dazu hat er regelmäßig die Kunden aufgesucht und mit ihnen die notwendigen Ergänzungen besprochen. Er hat auf Nachfrage auch geschildert, dass er bei fehlendem Eintrag in der Spalte Bezugsrecht für den Fall, dass ein Versicherungsnehmer keine konkrete Vorstellung hat, wen er benennen soll, dort "gesetzliche Erbfolge" einträgt nach einem Hinweis, dass dieses jederzeit änderbare Bezugsrecht Vorrang vor einem Testament habe. Der Senat hat keinen zureichenden Anlass, daran zu zweifeln, dass der Zeuge I in gleicher Weise gehandelt hat, als er den verstorbenen Ehemann der Klägerin im Jahr 1990 aufgesuchte, um mehrere unzureichende Eintragungen in dem Versicherungsantrag zu ergänzen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Zeuge I von seiner regelmäßigen Vorgehensweise abgewichen ist. Im Gegenteil hat er anhand des Antragsformulars anschaulich dargelegt, wie es zu den Änderungen und Ergänzungen (auch etwa hinsichtlich der Berufsangabe Soldat sowie hinsichtlich der Gesundheitsfrage) gekommen ist. Bei dieser Sachlage spricht gegen die Glaubhaftigkeit und Überzeugungskraft seiner Angaben nicht, dass er sich konkret an das Gespräch mit Herrn V nicht mehr erinnern kann. Das war nach nahezu 14 Jahren nicht zu erwarten. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben kann ferner nicht eingewandt werden, es sei ungereimt, dass er sich nicht alle Änderungen im Formular durch Herrn V habe abzeichnen lassen. Der Zeuge I hat dies durchaus plausibel damit erklärt, dass er den Namenszug unter der 3. Änderung (Beantwortung der Gesundheitsfrage mit "nein" statt "ja") als ausreichend angesehen habe. Soweit darunter noch der Wohnort des Hausarztes ergänzt worden ist, war dies ggü. den 3 anderen Ergänzungen ersichtlich von untergeordneter Bedeutung und bedurfte nicht der Abzeichnung durch Herrn V. Die insoweit gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben gerichteten Einwände der Klägerin ergehen sich weitgehend in Mutmaßungen ohne konkreten Hintergrund. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Zeuge I die Ergänzung betreffend das Bezugsrecht erst ausgefüllt hat, nachdem er bereits bei Herrn V gewesen ist. Vielmehr kann nach der Lebenserfahrung ohne weiteres von ausgegangen werden, dass der Zeuge I als erfahrener Mitarbeiter der Beklagten, der täglich mehrere unvollständig ausgefüllte Anträge bearbeitet hat, auch vorliegend darauf geachtet hat, dass er alle notwendigen Ergänzungen mit Herrn V bespricht und danach die entsprechenden Einträge vornimmt. Alles andere ist reine Spekulation. Wenn der Zeuge M in erster Instanz bekundet hat, jede nachträgliche Änderung im Versicherungsantrag sei vom Kunden abgezeichnet worden, so belegt dies nur eine entsprechende Handhabung durch den Zeugen selbst und nicht - wie die Klägerin mutmaßt - eine ständige Übung bei der Beklagten oder gar eine bei der Beklagten "bestehende Regelung"; dazu hat der Zeuge M nichts bekundet. Der Senat hat jedenfalls keine durchgreifenden Bedenken, den in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Zeugen I Glauben zu schenken; er hat auf den ...

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