Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens ist ein Stützapparat ein mechanisches Gerät, das infolge seiner eigenen Stabilität in der Lage ist, Gewichte oder Kräfte aufzunehmen, um so Körperteile oder Gliedmaßen, die damit überfordert sind, zu unterstützen, zu entlasten und/oder zu ersetzen Diese Stützfunktion erfüllt ein Elektrostimulationsgerät nicht.
2. Versicherte einer privaten Krankenversicherung können nicht erwarten, in gleicher Weise versichert zu sein wie Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung.
3. Die abschließende Aufzählung erstattungsfähiger Hilfsmittel in Nr. 7 "Hilfsmittel" Teil III für den Standardtarif MB/ST 2009 ist wirksam.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 23 O 211/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.10.2018 verkündete Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 23 O 211/16 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
(Abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.)
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten für ein Fußheber-System und eine Handmanschette zur funktionellen Elektrostimulation aus einer bei der Beklagten nach dem Standardtarif unterhaltenen Krankheitskostenversicherung. Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die streitgegenständlichen Elektrostimulationsgeräte unter die in den Tarifbedingungen genannten orthopädischen Arm- und Beinstützapparate zu subsumieren sind, ob die Auflistung der erstattungsfähigen Hilfsmittel in den Tarifbedingungen abschließend ist sowie über die medizinische Notwendigkeit der Geräte.
Der am 18.12.1950 geborene Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung im sogenannten "Standardtarif". Einbezogen wurden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) Muster- und Tarifbedingungen für den Standardtarif der Beklagten. Diese umfassen den Teil I Musterbedingungen 2009 für den Standardtarif MB/ST 2009 (Bl. 72 bis 86, nachfolgend MB/ST), den Teil II Tarifbedingungen TB/ST und den Teil III Tarif ST (Bl. 87 bis 90, nachfolgend Tarif ST).
Die Muster- und Tarifbedingungen für den Standardtarif enthalten folgende Präambel (Bl. 22, 72):
"Präambel
Aufnahme- und versicherungsfähig sind die in Nr. 1 TB/ST genannten Personen, wenn ihr substitutiver Krankenversicherungsvertrag in einen anderen Tarif als dem Standardtarif vor dem 01.01.2009 abgeschlossen worden ist. Der Standardtarif garantiert dem aufnahme- und versicherungsfähigen Privatversicherten, dass er als Einzelperson keinen höheren Beitrag zahlen muss als den durchschnittlichen Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)....
Das Leistungsversprechen des Standardtarifs ist dem der GKV vergleichbar und kann auch künftig angepasst werden (siehe Nr. 10 TB/ST). ..."
Teil III der AVB zu dem vereinbarten Standardtarif "Tarif ST" enthalten einleitend folgende Regelung (Bl. 87):
"Einführung:
In den Abschnitten A. bis D. Des Tarifs sind die Leistungen des Versicherers festgelegt. Es wird dargelegt, worauf sich die Leistungspflicht des Versicherers bezieht (z.B. Aufwendungen für ambulante ärztliche Behandlung - Abschnitt A.1.) und in welchem Umfang der Versicherer zur Erstattung der entstandenen Aufwendungen verpflichtet ist (z.B. 100 v.H. der Aufwendungen für ambulante ärztliche Behandlung gemäß Abschnitt A. 1 oder 65 v.H. der Aufwendungen für Zahnersatz gemäß Abschnitt B.2). Die Höhe der Versicherungsleistungen hängt davon ab, welcher Tarifstufe die versicherte Person angehört bzw. welcher Leistungsstand innerhalb der Tarifstufe."
In den Tarifbedingungen der Beklagten heißt es zu A. 7 (Bl. 88 R):
"7. Hilfsmittel
80 v. H. der erstattungsfähigen Aufwendungen für folgende Hilfsmittel in Standardausführung (siehe Nr. 3c Abs. 4 TB/ST):
Bandagen, Bruchbänder, Einlagen zur Fußkorrektur, orthopädische Schuhe, Kompressionsstrümpfe, Korrekturschienen, Kunstglieder, Liegeschalen, orthopädische Rumpf-, Arm- und Beinstützapparate, Sprechgeräte (elektronischer Kehlkopf), nach Erreichen des Selbstbehaltes gemäß Abschnitt A. 9."
Der Selbstbehalt beträgt für den Kläger gemäß der vorerwähnten Tarifbedingung zu A. 9 306,00 EUR je Hilfsmittel.
Der Kläger leidet infolge einer im Jahre 2005 erlittenen Hirnblutung unter Lähmungserscheinungen insbesondere eines Beines und der linken Hand. Er begehrt die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten für ein Fußheber-System und eine Handmanschette gemäß Kostenvoranschlägen der Firma D. GmbH in Saarbrücken vom 06.11.2015 (Bl. 91 f.), der Höhe nach begrenzt nach den TB auf 80 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten abzüglich eines Selbstbehaltes von 306,00 EUR je Hilfsmittel. Bei den Hilfsmitteln handelt es sich um eine Fuß- bzw. Handmanschette, die durch elektrische Impulse auf die Muskulatur einwirkt. Die Beklagte lehnte ihre Leistungseinstandspflicht mit Schreiben vom 27.04.2016 (Anlage K 5, Bl. 51 f.) ab.
Wegen der weitere...