Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.06.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 12 O 310/21 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Kläger dem Zustandekommen des zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrags (Nummer N03) wirksam widersprochen hat.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.651,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.09.2021 zu zahlen

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 29 % und die Beklagte zu 71 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. 1. Die Berufung hat teilweise Erfolg. Im Übrigen unterliegt sie der Zurückweisung.

a. Im Wege der Zwischenfeststellung festzustellen ist, dass der Kläger dem Zustandekommen des zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrags (Nummer N03) wirksam widersprochen hat.

aa. Zutreffend ist das Landgericht von der Zulässigkeit des Antrags auf Zwischenfeststellung ausgegangen.

Der Zulässigkeit des Antrags steht insbesondere entgegen der Annahme der Beklagten kein fehlendes Feststellungsinteresse entgegen. Denn bei der Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO macht die - hier vorliegende - Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (vgl. nur BGH, Urteil vom 27.11.1998, Az. V ZR 180/97 m.w.N. - zitiert nach juris). Zwar ist für die Zwischenfeststellungsklage dann kein Raum, wenn durch die Entscheidung über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen, die sich aus dem streitigen Rechtsverhältnis ergeben können, mit Rechtskraftwirkung erschöpfend klargestellt werden (BGH, aaO). Die Zwischenfeststellungsklage ist jedoch zulässig, wenn mit der Klage mehrere selbständige Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis verfolgt werden, mögen sie auch in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus ihm überhaupt ergeben können. Dies ist insbesondere bei einer - wie hier vorliegenden - Stufenklage der Fall, weil eine auf der ersten Stufe stattgebende Entscheidung über den Auskunftsanspruch in Bezug auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis für den auf der letzten Stufe verfolgten Zahlungsanspruch keine materielle Rechtskraft oder innerprozessuale Bindungswirkung erzeugt (BGH, aaO).

bb. Der Zwischenfeststellungsantrag ist auch begründet. Der Kläger hat dem Zustandekommen des Versicherungsvertrags wirksam, insbesondere fristgerecht, widersprochen.

(1) Entgegen der Annahme des Landgerichts war der Kläger auch im Jahr 2021 noch berechtigt, dem Versicherungsvertrag zu widersprechen. Denn die Widerspruchsfrist ist vorliegend gar nicht erst in Gang gesetzt worden.

Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. beginnt der Lauf der Frist erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1 (Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG) vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.

Vorliegend ist der Kläger zwar gleich dreimal über das ihm zustehende Widerspruchsrecht belehrt worden. Keine der Belehrungen genügt indes den Anforderungen, und zwar unabhängig davon, welche der beiden Verbraucherinformationen - Anlage N04 oder Anlage N05 - dem Kläger bei Vertragsschluss zur Verfügung gestellt worden ist.

(a) Eine erste Widerspruchsbelehrung findet sich in den Verbraucherinformationen. Zwischen den Parteien ist zwar streitig, ob dem Kläger die als Anlage N05 (Bl. 160 ff. LGA) zu den Akten gereichten Verbraucherinformationen oder die als Anlage N04 (Bl. 262 ff. LGA) übermittelten Verbraucherinformationen zur Verfügung gestellt worden sind. Dies kann aber dahinstehen, weil beide Belehrungen den Anforderungen nicht genügen.

(aa) Der in Anlage N04 enthaltenen Belehrung fehlt es schon an der erforderlichen drucktechnischen Hervorhebung.

Eine drucktechnisch hinreichende Hervorhebung fordert ausreichende Lesbarkeit und setzt die Verwendung einer hinreichend großen Schrift voraus (vgl. BGH, NJW 2011, 1061). Darüber hinaus muss sich der Belehrungstext in einer nicht zu übersehenden Weise (etwa durch farbliche Gestaltung, größere Buchstaben, Sperrschrift oder Fettdruck) aus dem übrigen Text hervorheben (vgl. BGH, NJW 2009, 3020). Dies ist hier nicht der Fall.

Bei isolierter Betrachtung von Seite 2 der Verbraucherinformationen springt die Belehrung zwar ins Auge. Denn diese ist in großer Schrift gehalten und mit einer in noch größerer Schrifttype und in Fettdruck geschriebenen Überschrift "Ihr Rücktritts-/Widerspruchsrecht" versehen; zudem ist der gesamte Belehrungstext farblich hinterlegt. Darüber hinaus ha...

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