Leitsatz (amtlich)
1. Eine deutsche Staatsangehörige, die in Großbritannien ein einzelkaufmännisches Unternehmen betreibt, kann aus den für dieses Unternehmen mit einem deutschen Lieferanten geschlossenen Geschäften an ihrem Wohnsitz in Deutschland verklagt werden.
2. Zur Rechtzeitigkeit der Mängelrüge nach § 377 HGB im grenzüberschreitenden Warenverkehr.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen 27 O 441/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.10.2003 verkündete Urteil des LG Köln - 27 O 441/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des LG Köln vom 6.2.2003 wird der Vollstreckungsbescheid des AG Hagen vom 9.9.2002 - Geschäftsnummer 02-6625956-0-0 - mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 5.348,38 Euro nebst Zinsen aus 5.344,55 Euro i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem geltenden Basissatz seit dem 7.6.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits - beider Instanzen - trägt die Beklagte mit Ausnahme der Versäumniskosten. Diese trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin, die eine Druckerei betreibt, begehrt die Zahlung eines Druckauftrages für eine wissenschaftliche Broschüre von der Beklagten.
Die Beklagte ist Leiterin des Lehrstuhls für Öffentliche Verkehrs- und Transportsysteme an der Universität X mit Wohnsitz in L. Sie betreibt privat unter der in C/England registrierten Fa. F Environment & Transport einen Fachbuchverlag.
Im Dezember 2001 gab die Beklagte durch ihren wissenschaftlichen Mitarbeiter D den Druck von 500 Exemplaren einer Broschüre mit dem Titel "Future of Urban Transport" bei der Klägerin in Auftrag, die an den Firmensitz der Fa. F nach England geliefert werden sollten. Weitere 120 Exemplare bestellte er für die Universität.
Nach Auslieferung der Bücher in England erhob die Beklagte Mängelrügen. Daraufhin vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin einen Nachlass auf den Kaufpreis von 25 % gewähren und weitere 120 Exemplare kostenlos zur Verfügung stellen solle. Die Klägerin bestätigte diese fernmündlich getroffene Vereinbarung mit Schreiben vom 6.3.2002. Die Nachlieferung ging am 10.5.2002 bei der Firma F ein und wurde noch am selben Tag ausgepackt. Die Klägerin mahnte die Zahlung des Druckauftrages mit Anwaltsschreiben vom 6.6.2002 (Anl. K 15, Bl. 39 d.A.) an.
Mit der Klage hat die Klägerin die nach der Vereinbarung geschuldete Vergütung von 5.344,55 Euro verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die mit der Beklagten getroffene Vereinbarung erfüllt zu haben. Die von der Beklagten hinsichtlich der nachgelieferten Bücher erhobene Mängelrüge sei verspätet. Die vereinbarte Nachlieferung sei am 6.5.2002 in England eingetroffen, die erforderliche Mängelrüge sei aber erst mit Schreiben vom 18.6.2002, also erst anderthalb Monate nach Zugang der Lieferung und damit nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 377 HGB erfolgt. Ein Rügeschreiben vom 20.5.2002 erhalten zu haben, hat die Klägerin bestritten.
Die Beklagte hat die Zahlung mit der Begründung verweigert, der Vertrag sei mit der Fa. F zustande gekommen, sie sei demzufolge nicht passivlegitimiert. Im Übrigen könne der Anspruch gerichtlich nur am Sitz der Firma F - also in England - geltend gemacht werden, das LG sei daher international nicht zuständig.
Ferner hat die Beklagte behauptet, es sei vereinbart worden, dass die Klägerin 120 neue, mängelfreie Exemplare liefere. Die an die Fa. F nachgelieferten 120 Broschüren seien aber mit denselben Mängeln behaftet gewesen wie die ersten 500 Exemplare und darüber hinaus wegen abfärbender Druckerfarbe sowie aufgrund von Beschädigungen infolge eines Verpackungsfehlers völlig unbrauchbar. Die Angestellte N. der Fa. F habe die Mängel mit einem Schreiben vom 20.5.2002 gerügt und am selben Tag zur Post gegeben.
Das LG hat die Klage - unter Aufhebung des von der Klägerin am 9.9.2002 erwirkten Vollstreckungsbescheides - durch Versäumnisurteil vom 6.2.2003 abgewiesen und das Versäumnisurteil mit der angefochtenen Entscheidung aufrechterhalten.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, es sei international unzuständig. Die Beklagte sei am Sitz der Firma F in C/GB zu verklagen. Dies folge aus Art. 60 EuGVVO.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie meint, die Beklagte könne als Kaufmann mit persönlichem Wohnsitz in L am Gerichtsstand ihres Wohnsitzes verklagt werden. Art. 60 EuGVVO greife nicht ein, da es sich bei der Fa. F weder um eine Personenhandelsgesellschaft noch um eine Kapitalgesellschaft, sondern lediglich um die Handelsfirma eines Einzelkaufmanns, der Beklagten, ohne eigene Rechtspersönlichkeit handele.
Zur materiellen Berechtigung der Klageforderung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Urteils des LG vom 2.10.2003 und des Versäumnisurteils vom 6.2.2003 den Vollstreckungsbescheid des LG Hagen vom 9.9.2002 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Bek...