Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung eines "selbständigen Sonderwunschvertrages" ("Handwerker-Sonderwunschvertrag") von einem "scheinselbständigen Sonderwunschvertrag", bei welchem der Erwerber von Wohnungseigentum zwar mit einem Handwerker eine vertragliche Abrede über eine höherwertige Ausstattung trifft und diesem insoweit eine höhere Vergütung als diejenige für eine Standardausführung geschuldet wird, der Grundpreis der Ausstattung jedoch Gegenstand des Bauträgervertrages bleibt.
Normenkette
BGB § 631 ff.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 90 O 156/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.05.2019 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 90 O 156/18 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Beklagte betraute die A GmbH in B mit Bauvertrag vom 02.11.2015 (Anlage K 1 - Bl. 1 ff. AH) mit der schlüsselfertigen Erstellung einer Eigentumswohnanlage mit 15 Wohneinheiten auf den Grundstücken C 23 und 25 in D einschließlich des vorherigen Abbruchs der dort aufstehenden Wohnhäuser. Die dafür vorgesehene Vergütung war mit netto 5.210.084,03 EUR vereinbart; das Masserisiko war von der Klägerin übernommen worden (§ 3 Abs. 2 des Vertrages).
Nach § 3 Abs. 3 des Bauvertrages sollten für zusätzliche, im Vertrag nicht vorgesehene, aber vom Auftraggeber geforderte Leistungen Nachtragsangebote vorgelegt und die Leistungen aus Beweisgründen erst nach schriftlicher Auftragserteilung ausgeführt werden, es sei denn, die Leistungen sind zur Vertragserfüllung notwendig und eine Entscheidung des Auftraggebers konnte nicht mehr herbeigeführt werden. Die Ausführung von Nachtragsleistungen bis zu netto 5.000,00 EUR sollte mündlich beauftragt werden können, ab einem Auftragsvolumen von netto 5.000,00 EUR war schriftliche Beauftragung erforderlich. Die Beklagte, die das mit der geplanten Gebäudeanlage zu bebauende Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt hatte, veräußerte die zu errichtenden Wohneinheiten an mehrere Erwerber.
Im Zuge der Errichtung des Bauvorhabens kam es auf Wunsch einzelner Erwerber zu teilweisen Abänderungen des vorgesehenen Leistungssolls der Klägerin. Die Sonderwunschleistungen wurden von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erbracht, die hierüber Kostenaufstellungen für die Beklagte fertigte (Anlagen K 2, K 3 - Bl. 15 ff. AH I) und die ausgeführten Sonderleistungen der Beklagten - neben Zusatzleistungen zum Hauptvertrag (Bl. 136 AH I) im Werte von 203.786,17 EUR - unter dem 11.07.2018 in Rechnung stellte (Bl. 137 ff. AH I). Die Gesamthöhe dieser Zusatzleistungs-Rechnungen beläuft sich auf 1.651.274,91 EUR; davon hat die Klägerin geleistete Zahlungen der Beklagten in Höhe von 624.367,18 EUR in Abzug gebracht. Daneben hat die Klägerin - ebenfalls unter dem 11.07.2018 - die Leistungen aus dem Hauptauftrag mit insgesamt 6.200.000,00 EUR abgerechnet (Bl. 135 AH I), auf den von der Beklagten 5.649.000,00 EUR gezahlt worden sind.
Die Klägerin hat vorprozessual aus dem Hauptauftrag noch restliche (455.000,00 EUR + 96.000,00 EUR =) 551.000,00 EUR (vgl. Bl. 135 AH I) zuzüglich 203.786,17 EUR an Zusatzleistungen (Bl. 136 AH I: "nicht freigegebene Nachträge") - insgesamt also 754.786,17 EUR - geltend gemacht. Hinzugerechnet hat sie Sonderwunschleistungen an Wohneinheiten der Erwerber im Gesamtwert von 1.651.274,91 EUR (Bl. 137 ff. AH I) und von diesem Gesamtbetrag die unstreitig von der Beklagten hierauf geleisteten Zahlungen in Höhe von zusammen 624.367,18 EUR abgezogen (Bl. 146 AH I).
Die Beklagte hat die ihr erteilten Rechnungen der Klägerin vom 11.07.2018 (Bl. 135 ff. AH I) geprüft und hat dabei im Rahmen einer von ihr erstellten synoptischen Aufstellung (Anlage K 9 - Bl. 146 AH I)
- bei dem Vergütungsbetrag für den Hauptauftrag vermerkt, dass "Minderkosten für den Innenausbau E/F im SoWü berücksichtigt" seien,
- die Nachtragsforderung bezüglich des Hauptauftrags mit lediglich 75.000,00 EUR angesetzt für "Fassade, Gehölz und Öltank", der Rest sei in Massenmehrungen GU-Vertrag enthalten",
- von der Hauptauftragsvergütung einen Betrag von 66.570,00 EUR wegen nicht anerkannter Skonti abgezogen,
- von dem ermittelten Restvergütungsbetrag von 1.586.337,73 EUR einen angeblichen Verzugsschaden in Höhe von 629.424,12 EUR abgezogen,
- Einbehalte der Erwerber in Bezug auf die Sonderwünsche in Gesamthöhe von 450.000,00 EUR abgezogen,
- den nach Vornahme der Abzüge nach ihrer Berechnung verbleibenden Betrag von 506.913,61 EUR gleichwohl nicht an die Klägerin bezahlt.
Die Beklagte erteilte den Erwerbern über die von der Klägerin erbrachten und mit ihr (der Beklagten) abgerechneten Sonderwunschleistungen entsprechende Rechnungen und reichte auch den von der Kl...