Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast bei Verdacht auf einen fingierten Verkehrsunfall

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Geschädigten obliegt es, die Verursachung des geltend gemachten Schadens durch das gegnerische Fahrzeug und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen. Der Nachweis einer die Haftung ausschließenden Manipulation obliegen dem Schädiger oder dem Haftpflichtversicherer (grundlegend BGHZ 71, 339; vgl. auch KG, Urt. v. 7.9.2010 - 12 U 210/09 -, zitiert nach juris; OLG Hamm Schaden-Praxis 2004,222 jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dabei bedarf es zum Nachweis einer Kollisionsabsprache allerdings keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt (vgl. OLG Hamm, Schaden-Praxis 2004,222). Es kommt nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Entscheidungsformel immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist stets die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände. Dabei mögen in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können (vgl. hierzu KG, Urt. v. 7.9.2010 - 12 U 210/09 -, zitiert nach juris m.w.N.).

Dabei kann bei der Gesamtbeurteilung der festgestellten Indizien im Rahmen der Überzeugungsbildung durch das Gericht durchaus Berücksichtigung finden, dass es gerade zum betrügerischen Geschehensbild typischerweise gehört, einen Lebenssachverhalt zu konstruieren, der darauf gerichtet ist, einen behaupteten Schadensfall plausibel erscheinen zu lassen.

 

Normenkette

ZPO §§ 286-287

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 21.09.2010; Aktenzeichen 21 O 51/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 21. Zivilkammer des LG Köln vom 21.9.2010 - 21 O 51/10 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen des behaupteten Verkehrsunfalls am 4.3.2008 in X. nicht zu. Denn der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und unter Würdigung aller Umstände aufgrund einer Vielzahl von Indizien von dem Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls überzeugt.

Nach gefestigter Rechtsprechung obliegt dem Geschädigten, die Verursachung des geltend gemachten Schadens durch das gegnerische Fahrzeug und das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen. Der Nachweis einer die Haftung ausschließenden Manipulation obliegen dem Schädiger oder dem Haftpflichtversicherer (grundlegend BGHZ 71, 339; vgl. auch KG, Urt. v. 7.9.2010 - 12 U 210/09 -, zitiert nach juris; OLG Hamm Schaden-Praxis 2004,222 jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dabei bedarf es zum Nachweis einer Kollisionsabsprache allerdings keiner lückenlosen Gewissheit im Sinne einer mathematischen Beweisführung. Es reicht vielmehr die Feststellung von Indizien aus, die in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsverletzung ausschließt (vgl. OLG Hamm, Schaden-Praxis 2004,222). Es kommt nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und/oder ihrer äußeren Entscheidungsformel immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist stets die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände. Dabei mögen in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können (vgl. hierzu KG, Urt. v. 7.9.2010 - 12 U 210/09 -, zitiert nach juris m.w.N.).

Unter Auswertung des Sachvortrags der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme und aller sonstigen Umstände liegen in ihrer Gesamtheit so viele gewichtige Anzeichen für einen fingierten Unfall vor, dass der Senat bei lebensnaher Betrachtung von dem Vorliegen eines manipulierten Verkehrsunfalls überzeugt ist.

Für das Vorliegen eines abgesprochenen Verkehrsunfalls spricht, dass der Kläger und der Beklagten zu 1) sich bereits vor dem Unfall gut kannten, ein Treffen an der späteren Unfallstelle mit den beiderseitigen Fahrzeugen zuvor abgesprochen war und das persönliche Verhältnis der unfallbeteiligten Parteien sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber dem beklagten Haftpflichtversicherer zunächst verschwiegen wurde. Selbst im vorliegenden Rechtsstreit wurden die private Bekanntschaft der unfallbeteiligten Parteien sowie der Anlass für das Zusammentreffen an der Unfallstelle zunächst nicht offengelegt,...

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