Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.10.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 602/21 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und unter Berücksichtigung der in zweiter Instanz erfolgten Klageänderung wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass folgende Erhöhungen des Monatsbeitrags in der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Krankheitskostenversicherung, Versicherungs-Nr. N01, im Tarif X. jeweils bis zum 28.02.2021 nicht wirksam geworden sind:

  • a) die Erhöhung zum 01.04.2015 in Höhe von 17,74 EUR,
  • b) die Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 39,20 EUR,
  • c) die Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 58,81 EUR.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin jeweils in dem Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 28.02.2021 nicht zur Zahlung der jeweiligen Erhöhungsbeträge im Tarif X. verpflichtet ist:

  • a) Erhöhung zum 01.04.2015 in Höhe von 17,74 EUR,
  • b) Erhöhung zum 01.04.2016 in Höhe von 39,20 EUR,
  • c) Erhöhung zum 01.04.2017 in Höhe von 58,81 EUR,

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.211,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2023 zu zahlen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie bis zum 23.01.2023 aus den auf die unter Ziff. 2 aufgeführten Beitragserhöhungen in den dort genannten Zeiträumen gezahlten Prämienanteilen gezogen hat.

5. Im Übrigen wird die Klage, soweit ihr nicht hinsichtlich des Auskunftsbegehrens stattgegeben worden ist, abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 72% und die Beklagte zu 28%, die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Klägerin.

7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

8. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. - ohne Tatbestand gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO -

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Berufung ist, dass die klagende Partei mit dem Rechtsmittel eine in der erstinstanzlichen Klageabweisung liegende Beschwer bekämpft. Die Beschwer liegt hier in der Abweisung der unbestimmten Feststellungs- und Leistungsanträge nach der vom Landgericht als unzulässig angesehenen Stufenklage. Unschädlich ist, dass die Klägerin sich nicht mehr konkret gegen die insoweit erfolgte Klageabweisung wehrt, sondern mit der Berufung zu einer Bezifferung der Leistungsklage bzw. Konkretisierung der Feststellungsklage übergegangen ist.

Grundsätzlich gilt, dass eine Berufung dann unzulässig ist, wenn mit ihr nicht zumindest teilweise die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer verfolgt wird, d.h. das Berufungsbegehren darf nicht alleine darin bestehen, eine Klageänderung oder eine Klageerweiterung durchzusetzen (BGH, NJW-RR 1996, 1276). Eine Unzulässigkeit der Berufung mag in Fällen der vorliegenden Art daher in Betracht zu ziehen sein, wenn der Kläger mit der Stufenklage in erster Instanz vollständig unterliegt (also auch das Auskunftsbegehren abgewiesen wird) und er dann in der Berufung gleichwohl ausschließlich bezifferte Klageanträge stellt (so die Konstellation bei OLG Nürnberg v. 15.02.2023 - 8 U 2488/22, juris).

Der Senat hat bereits entschieden, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung nicht bestehen, wenn - unter Abweisung der unbestimmten Feststellungs- und Zahlungsanträge - dem Auskunftsbegehren erstinstanzlich stattgegeben worden ist und die Beklagte dieses im Anschluss an die Verurteilung erfüllt (Senatsurt. v. 06.06.2023 - 9 U 157/22 -), denn dann macht es für den Kläger keinen Sinn, die unbezifferten Feststellungs- und Leistungsanträge im Rechtsmittelverfahren weiterzuverfolgen, weil er aufgrund der zwischenzeitlich erteilten Auskunft - unabhängig davon, ob die Stufenklage zulässig oder unzulässig war - jetzt in jedem Fall gehalten wäre, eine Bezifferung vorzunehmen. Der Auskunftsanspruch hat, auch wenn er nicht im Rahmen einer zulässigen Stufenklage erhoben worden ist, nur eine Hilfsfunktion, weil er einen ggf. möglichen Leistungsantrag vorbereiten soll (vgl. BGHZ 52, 169). Ein Kläger ist daher - auch außerhalb einer erhobenen Stufenklage - berechtigt, von der Auskunfts- zur Leistungsklage überzugehen (BGH, aaO; BGH, NJW-RR 1996, 1020, Rz. 7 a.E.). Er kann dies in erster und in zweiter Instanz tun; er kann es dann aber auch mit bzw. nach Einlegung der Berufung machen (BGHZ 52, 169).

Vorliegend ist der Anlass für die Bezifferung der Klage in zweiter Instanz allerdings nicht eine von der Beklagten aufgrund einer Verurteilung erteilte Auskunft. Die Klägerin begründet die nunmehr erfolgte Bezifferung vielmehr damit, die Beklagte habe ihr mit den Informationen, die in der der Klagerwiderung beigefügten Anlage BLD 6 (Bl. 316 eA LG) enthalten waren, eine Bezifferung der Klageforderung ermöglicht. Auch in dieser Konstellation hält der Senat eine (erst) mit Einlegung der Berufung er...

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