Entscheidungsstichwort (Thema)
Persönlichkeitsrechtsverletzung: Internet-Veröffentlichung von Wikileaks-Unterlagen
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 13.03.2013; Aktenzeichen 28 O 483/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.3.2013 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 483/11 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung der Beklagten i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger war von Mitte 2009 bis Januar 2011 Vorstandsvorsitzender des Satellitenherstellers P AG, die u.a. im Auftrag der Europäischen Raumfahrtagentur ESA 14 Satelliten für das europäische Satellitennavigationssystem "H" entwickeln und bauen sollte.
Die Beklagte verlegt u.a. die norwegische Tageszeitung B, von der sie unter der Domain www.B.no eine Onlineausgabe betreibt.
Am 2.10.2009 traf sich der Kläger mit zwei bzw. drei amerikanischen Diplomaten - Mr. Q, Mr. C und Mr. E - in der amerikanischen Botschaft in Berlin zu einem informellen und vertraulichen Hintergrundgespräch. Gegenstand des Gespräches waren u.a. Kooperationsmöglichkeiten der P AG mit amerikanischen Unternehmen bzw. Institutionen.
Im November 2010 erhielt die Beklagte über Wikileaks rund 250.000 Dokumente, die in der Folgezeit teilweise als Grundlage für Artikel dienten. Dazu gehörten auch zwei vertrauliche US-Depeschen vom 22.10.2009 und 20.11.2009, die sich mit dem Inhalt der Unterhaltung zwischen dem Kläger und den amerikanischen Diplomaten vom 2.10.2009 befassten.
In der Depesche vom 22.10.2009 heißt es u.a.:
"T, the CEO of Germanys top satelite manufacturer, P, called the EUs H global navigation satellite system (GNSS) "a waste of EU tax payers money championed by French interests.",
Ferner heißt es, der Kläger habe anlässlich des Treffens geäußert:
"I think H is a stupid idea that primarily serves French interests."
Wegen des weiteren Inhaltes des Dokumentes wird auf den das Dokument wiedergebenden Screenshot der Website der Beklagten Bl. 34 ff. GA Bezug genommen.
In der Depesche vom 20.11.2009 heißt es u.a., der Kläger habe anlässlich des Treffens mit den amerikanischen Diplomaten am 2.10.2009 geäußert:
"France is the evil empire stealing technology and Germany knows this",
"... French IPR espionage is so bad that the total damage done to the German economy is greater the that inflicted by China or Russia."
Wegen des weiteren Inhaltes dieses Dokumentes wird auf den Screenshot der Website der Beklagten Bl. 30 ff. GA Bezug genommen.
Am 4.1.2011 veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Website einen Artikel mit dem Titel "Fransk spionasje verre enn russisk og kinesisk" ("Französische Spionage schlimmer als russische oder chinesische"). Wegen des Inhaltes des Artikels wird auf den Screenshot der Website der Beklagten Bl. 152 ff. G, und die von dem Kläger vorlegte Übersetzung, Bl. 49 f. GA, Bezug genommen. Zur gleichen Zeit stellte die Beklagte die US-Depesche vom 20.11.2009 unter der Überschrift "P TO BUILD GERMAN OPTICAL SPY SATELITE LOOKING AT U. S. MARKET" in ihr Online-Archiv ein. Die Beklagte setzte in norwegischer Sprache einen Hinweis hinzu, der nach dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils übersetzt wie folgt lautet:
"Die Internetplattform Wikileaks hat sich zu mehr als 250.000 Dokumenten von amerikanischen Botschaften und Konsulaten auf der ganzen Welt Zugang verschafft. B hat zu allen Dokumenten ohne jegliche Beschränkung Zugang erhalten. Die Dokumente werden unter denselben redaktionellen Kriterien und ethischen Regeln beurteilt, die auch sonst in der Journalistik von B gelten. E-Mail: wikileaks@ap.no"
Im Hinblick auf einen weiteren geplanten Artikel über die Kritik an dem europäischen Satellitensystem H wandte sich am 11.1.2011 einer der Redakteure der Beklagten, Herr T2, mit sechs Fragen an den Pressesprecher der P AG, Herrn M. Wegen des genauen Inhaltes der Anfrage wird auf Bl. 710 GA Bezug genommen. Aufgrund der Anfrage kam es am 12.1.2011 zu einem Telefongespräch zwischen dem Kläger und Herrn T2, in dem der Kläger bestritt, sich bei dem Treffen am 2.10.2009 wie zitiert über Spionage durch die Franzosen geäußert zu haben. Außerdem erhielt die Beklagte am 12.1.2011 eine schriftliche Stellungnahme der P AG. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie der Email von Herrn M vom 12.1.2011, Bl. 716 f. GA, Bezug genommen.
Am 13.1.2011 veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Website einen weiteren Artikel mit dem Titel "Hevder toppsjef rakket ned pa eget satellittprosjekt" ("Behauptet Spitzenmanager habe über sein eigenes Satellitenprojekt gelästert"). Wegen des Inhaltes des Artikels wird auf den Screenshot der Website der Beklagten Bl. 172 ff. GA und die von dem Kläger vorlegte Übersetzung, Bl. 51 f. GA, Bezug genommen. Diesen Artikel versah die Beklagte eingangs der Website mit einem...