Leitsatz (amtlich)
Die Äußerung, eine im Medienbereich tätige Person habe Datenmanipulation betrieben, muss im Zusammenhang mit der öffentlichen Auseinandersetzung über die Gründe bestimmter Inhalte von Untersuchungen keine unerlaubte Schmähkritik sein.
Bei Abgabe einer solchen Äußerung müssen nicht sogleich Gründe genannt werden, die sie rechtfertigen könnten.
Auch im Rechtsstreit dient die Angabe tatsächlicher Bezugspunkte, auf die sich die geäußerte Meinung stützt, nur dazu, deren Sachbezug zu verdeutlichen, der gegen eine Wertung als Schmähkritik spricht. Eine Überprüfung dieser Basis auf ihre sachliche Richtigkeit erfolgt nicht.
Normenkette
BGB §§ 823, 1004
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 28 O 533/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.3.2002 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln – 28 O 533/01 – abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Das zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel des Beklagten hat in der Sache Erfolg.
I. Der Kläger ist Geschäftsführer und Chefredakteur des „N.U. – Institut für Medienanalyse”, das sich mit der Auswertung und Analyse von Presseerzeugnissen befasst. Der Beklagte ist Professor für allgemeine und spezielle Journalistik an der Universität L. Dort leitet er die Abteilung Journalistik des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft. In den Jahren 1996 und 1997 war der Beklagte Mitglied im Beirat des Instituts für Medienanalyse. Er hat in diesem Zeitraum an den Publikationen des N. U. mitgewirkt.
Am 7./8.7.2001 erschien in der S. Zeitung unter der Überschrift „Meine Daten, deine Daten” und der Unterüberschrift „Sind die Journalisten im Osten an den PDS-Erfolgen schuld?” ein Artikel, der sich mit einer vom Institut des Klägers durchgeführten Untersuchung befasste. Gegenstand dieser Untersuchung war ein Vergleich der Berichterstattung in den „Sachsenseiten” der „L.'er Volkszeitung” und der „Sächsischen Zeitung” über politische Parteien in der Zeit vom 24.1.2000 bis 11.2.2000. In dem Artikel der S. Zeitung wurde auch über eine von dem Institut des Beklagten durchgeführte Untersuchung und Auswertung der vorgenannten Zeitungen berichtet. Das Ergebnis dieser Untersuchung wurde in der S. Zeitung als „exakt entgegengesetzt” zu dem vom Institut des Klägers ermittelten Ergebnis dargestellt. Der vorletzte Absatz des Artikels der S. Zeitung lautete:
„So hat sich mittlerweile eine echte Sachsenposse entwickelt, in der zwei Analysten unanalytisch aufeinander knallen. I. sagt: „T. betreibt Datenmanipulation”. T. sagt: „I. betreibt Geschäftsschädigung, weil er über sein eigenes Unternehmen seine Analysen verkaufen will.”
Aus Anlass der Veröffentlichung hat der Kläger den Beklagten auf Unterlassung der Äußerung „T. betreibt Datenmanipulation” in Anspruch genommen.
Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Äußerung des Beklagten handele es sich um ein pauschales Unwerturteil, das geeignet sei, den Kläger in seiner beruflichen Tätigkeit und in seinem persönlichen Ansehen deutlich herabzusetzen. Der Beklagte habe nicht hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte dargetan, die die wertende Meinungsäußerung des Beklagten nachvollziehbar und plausibel erscheinen ließen.
Mit der Berufung begehrt der Beklagte die Abänderung des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage. Er macht geltend, er habe sich nicht so, wie dies in der S. Zeitung wiedergegeben worden sei, geäußert. Tatsächlich habe er sich gegenüber dem Journalisten der S. Zeitung entsprechend seines Faxbriefes vom 6.7.2001 (Bl. 12 AH) wie folgt geäußert:
„Ich habe kein Unternehmen und stehe wirtschaftlich in keiner Konkurrenz- oder Wettbewerbssituation zu Herrn T. und seiner Firma „N.U.” – ich habe vielmehr feststellen müssen, dass der Medientenor wissenschaftlich unsauber arbeitet und Herr T. Daten auf manipulative Weise interpretiert haben will.”
Der Beklagte ist der Auffassung, das LG überspanne die Anforderungen an die Darlegungslast, die ihn in Bezug auf die Berechtigung der von ihm am Kläger geübten Kritik treffe. Scharfe und überzogen formulierte Kritik an der Leistung von Wirtschaftsunternehmen sei zulässig. Seine Äußerung sei insbesondere keine unzulässige Schmähkritik.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Die Äußerungen des Beklagten sind seiner Auffassung nach eindeutig dem Begriff der „Schmähkritik” zuzuordnen. Er werde durch die Vorwürfe des Beklagten in seiner Person herabgesetzt, abgewertet und geradezu diffamiert. Das Vorliegen von Schmähkritik sei insbesondere deshalb zu bejahen, weil der Beklagte – wie das LG zu Recht betont habe – keine Anknüpfungstatsachen dargelegt habe. Weder habe er das von ihm verwandte Codebuch vorgelegt, noch habe er seine methodischen Grundlagen offenbart.
Wegen des weiteren, dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die tatsächlich...